Hanya Leo ist eine australisch-schweizerische Innenarchitektin. Ihre Arbeit zeichnet sich vor allem durch ihre Leidenschaft für Details und die Faszination für Materialien aus. Nach ihrem Studium zog sie vor zehn Jahren in die Schweiz und war acht Jahre lang der kreative Kopf von Selektiv Studio in Zürich.
Vor einiger Zeit wagte sie den Sprung in die Selbstständigkeit und präsentiert sich mit ihrem jüngsten Projekt, Babu’s Bakery beim Opernhaus Zürich.
In unserem Interview gibt sie Einblick in ihren Werdegang und erzählt von den Herausforderungen, mit denen sie als selbstständige Innenarchitektin täglich konfrontiert ist.
Hanya, du hast Wurzeln in Australien und der Schweiz, bist aber in Australien aufgewachsen. Warum bist du schliesslich in die Schweiz gekommen?
Hanya Leo: Ich bin in Australien geboren und aufgewachsen. Vor zehn Jahren bin ich wegen meiner Grossmutter in die Schweiz gezogen. Sie war damals 94 Jahre alt und ich entschied mich nach dem Studium, für sie da zu sein. Sie lebte im Aargau, und meine ersten Monate hier in der Schweiz verbrachte ich in einem Dorf. Danach bin ich nach Zürich gezogen, nachdem ich einen Job bei Build Inc. Architekten, heute Selektiv Studio, gefunden hatte.
Wie war deine Zeit bei Selektiv Studio?
HL: Ich war acht Jahre lang Teil von Selektiv Studio und verantwortlich für das Design. Ich erlebte sogar das Rebranding von Build Inc. Architekten hin zu Selektiv Studio mit. Unsere Projekte waren sehr spannend und mein ehemaliger Chef, Özgür Keles, hat sich immer für meine Entwürfe stark gemacht. Dank seiner Unterstützung konnten wir meine Visionen verwirklichen. Wir waren ein starkes, gut funktionierendes Team und ich schätze die kreative Freiheit, die mir gegeben wurde.
Wie bist du zur Innenarchitektur gekommen?
HL: Dass ich Innenarchitektin werden oder zumindest etwas mit Raumgestaltung zu tun haben wollte, wusste ich schon, als ich acht Jahre alt war. Es war für mich immer ganz klar, dass dies meine Leidenschaft ist.
Wie ist es für dich, als Frau in der Baubranche zu arbeiten?
HL: Als Frau in der Baubranche zu arbeiten, war für mich wie eine Reise. Ich musste lernen, wie ich behandelt werden wollte und warum sich manche Situationen nicht richtig anfühlten. Meine eigenen Grenzen zu finden war eine Herausforderung. Ein Wendepunkt war die Gründung meines eigenen Unternehmens, in dem ich authentisch sein und selbst entscheiden kann, wie ich behandelt werden möchte.
Seit ich für mich selbst arbeite, kann ich auch die Energie um mich herum bewusst wählen, und manchmal praktiziere ich sogar ein wenig «Mikro-Feminismus». In Situationen, in denen ich die einzige Frau bin, lockere ich die alltäglich ernste Stimmung mit kleinen Gesten auf. Zum Beispiel anstatt einer schweren, teuren Visitenkarte, die in Meetings oft wichtig hin und her geschoben wird, kann ich meine einfach wie von einem Notizblock abreissen und an alle verteilen.
«Meine eigenen Grenzen zu finden war eine Herausforderung.»
Was fasziniert dich an deinem Beruf?
HL: Innenarchitektur fasziniert mich, weil ich Menschen so lenken kann, dass sie in einem Raum bestimmte Erfahrungen machen. Kleinste Details, wie das Geräusch eine Tür, die sich schliesst, ein Duft oder ein Lichtstrahl können eine grosse Wirkung entfalten. Selbst die absichtliche Gestaltung eines kleinen Raumes kann den nächsten grösser erscheinen lassen. Man kann so viel mit Design, Materialien, Texturen und Haptik kreieren - das ist eine riesige Superpower! Jedes Projekt ist ein neues Abenteuer, bei dem man mit Materialien experimentieren und sich anpassen darf, was es sehr spannend und auch herausfordernd macht.
Wie gehst du damit um, wenn es Verzögerungen oder Fehler gibt?
HL: Du lernst, Dinge nicht persönlich zu nehmen und zu erklären, was passiert ist. Du entwickelst die Fähigkeit, den gesamten Bauprozess verständlich zu vermitteln, ohne dich gleich mit einem "Ich kann nichts dafür" zu rechtfertigen. Ich glaube, die Kundschaft will einfach das Gefühl haben, dass man ihnen zuhört und ihre Anliegen ernst nimmt.
Auf deiner Webseite sprichst du von einem Team. Wie sieht dieses Team aus?
HL: Ich habe zum Beispiel eine Person, die den administrativen Teil für mich übernimmt. Das Schöne an der Selbstständigkeit ist, dass man sich wirklich aussuchen kann, was man gerne macht und was nicht. Irgendwann habe ich beschlossen, dass ich bestimmte Aufgaben einfach nicht mehr machen möchte. Es macht mir sehr viel Freude, mich auf die Bereiche zu konzentrieren, die mir Spass machen. Aber es ist wichtig, gerade zum Beispiel für die Ausführungsplanung, jemanden zu haben, der einen versteht, der sogar ein bisschen deine Gedanken lesen kann.
Was planst du als nächstes?
HL: Ursprünglich wollte ich mich im Objektbereich selbständig machen. In den letzten zehn Jahren habe ich immer wieder projektspezifisch Objekte entworfen. Einige Projekte wurden nicht realisiert, so dass auch die Objekte nicht umgesetzt wurden. Es gab immer wieder Anfragen für meine Objekte und es war schade, dass sie nur im Rahmen bestimmter Projekte existierten. Deshalb habe ich beschlossen Hanya Leo Artefacts & Spaces zu gründen und die ersten Objekte sind bereits in Produktion.
«Die Designs sind speziell für das Wohnen in Zürich konzipiert.»
Was wird die Kollektion beinhalten?
HL: Es wird eine Kollektion von rund sieben Möbelstücken geben, die im Sommer lanciert werden. Es handelt sich um eine eklektische Mischung aus Holz- und Metallobjekten, darunter zwei Hockertypen in unterschiedlichen Höhen, ein Esstisch, eine Vase, ein Pflanzenkübel, zwei Podeste in zwei Höhen und ein Spiegel. Die Designs sind speziell für das Wohnen in Zürich konzipiert. In der Stadt lebt man oft in kleinen, hohen Räumen, und es ist wichtig zu zeigen, wie man den Raum mit Objekten zum Leben erwecken kann. Oft sehe ich, dass Leute ihre Räume so gestalten, dass alles an den Wänden hängt, ohne Zonen zu schaffen. Meine Möbelkollektion hingegen ist zeitlos und soll die Mitte des Raumes aktivieren. Zum Beispiel sind die Podeste halbmondförmig und dafür gedacht, kleine Artefakte oder Pflanzen zu präsentieren. Du könntest auch einen kleinen Stein darauf platzieren und schon ist er inszeniert. Es geht darum, Objekte zu zelebrieren.
Du hast gesagt die Kollektion ist bereits in Produktion. Wo wird sie produziert? Wo ist sie erhältlich?
HL: Die Kollektion wird in Zürich produziert und die Holzobjekte werden aus Schweizer Holz gefertigt. Für mich macht es Sinn in Zürich zu produzieren und diese Nähe zu den Produzenten zu haben. Ich schätze diese Zusammenarbeit mit dem Schreiner oder dem Metallbauer einfach sehr. Es ist wirklich eine Kollaboration. Ich kann ihnen nicht einfach etwas schicken und sagen «mach es genau so». Alles entsteht in enger Zusammenarbeit. Jetzt sind wir gerade daran Prototypen zu machen und diese zu bemustern.
Die Produkte werden im Sommer erhältlich sein. Auf der Webseite von Hanya Leo können sich Interessierte registrieren und werden benachrichtigt, sobald die Objekte verfügbar sind.