Zufallsmaschinen

Barcelona: Zeichenkunst aus der Maschine

Die Ausstellung «auto-màtic» in Barcelona zeigt 120 maschinengenerierte Zeichnungen. Entwickelt wurden die Bilder von mehr als 80 Autoren aus den Bereichen Computational Engineering, Kunst und Design.

Ausgelotet werden Grenzen und Potenzial des generativen Zeichnens sowie die Rolle willkürlicher Zufälle als Quelle kreativen Spielraums.

Die Forschung fand im Rahmen der «Machinic Protocols» statt, einem Projekt der IAAC Master in Advanced Architecture.

Geleitet wurde «Machinic Protocols» vom barcelonischen Architekten Edouard Cabay.

Der Titel «auto-màtic» ist eine Hommage an Jean Tinguelys Maschinenserie «Méta-Matic».

Die Forschung konzentrierte sich hauptsächlich auf das Gebiet der Architektur, beschäftigte sich aber auch mit digitaler Technologie, Design, Kalligrafie und Kartografie.

Ist es Kunst, wenn sie von einer Maschine stammt? Seit AI Drehbüher schreibt, Songs komponiert oder Bilder malt, erhält diese Frage neue Dimensionen. Die Ausstellung «auto-màtic» im Zentrum Art Santa Mònica in Barcelona thematisiert Grenzen und Potenzial des generativen Zeichnens; gespeist von Daten mathematischer und mechanischer Operationen. Hinterfragt werden auch die Rollen von Automatisierung und Willkür als Quelle kreativen Spielraums. Im Rahmen des Forschungsprogramms «Machinic Protocols» des IAAC Master in Advanced Architecture entstanden über 120 Zeichnungen von Autoren aus den Bereichen Computational Engineering, Kunst und Design. Das Projekt stand unter der Leitung von Edouard Cabay, Architekt und Architekturprofessor aus Barcelona. Der Titel «auto-màtic» ist eine Hommage an Jean Tinguelys «Méta-Màtic». Mit der Kunst produzierenden Maschinenserie untersuchte Tinguely das Eindringen von Technologie in die Gesellschaft.

Ohne «Hand des Künstlers» erstellt, ist jede Zeichnung Resultat auferlegter Bedingungen – nicht von Intuition und Idee. Die mit unterschiedlichen Mitteln hergestellten Zeichnungen haben ein gemeinsames Merkmal: Jede ist einzigartig, ihr Ergebnis kann niemals vorausgesehen werden. Erschaffer ist kein Individuum, sondern ein System, das aus den Akteuren Mensch, Computer, Roboter sowie Naturgewalten wie Wind und Wellen besteht. Die Bilder und ihre Entstehung dienen als Metapher für das Zeitalter der Unsicherheit, in dem alles möglich ist. Die Absicht der Ausstellung besteht darin, eine Haltung gegenüber der Schöpfung zu entwickeln, bei der Prozess statt Produkt gestaltet wird. Denn sobald der Prozess beginnt, wird der «Autor» zum Zuschauer – das Unerwartete steht noch bevor...

Da Barcelona ohnehin schon unter Touristenströmen ächzt, wage ich es fast nicht auszusprechen: Die Ausstellung wurde verlängert und läuft noch bis zum 07. Oktober. «Arts Santa Mònica» liegt gleich bei den Ramblas und ist ein multidisziplinäres Zentrum mit Fokus auf Digitalkultur in Katalonien. Unbedingt Ausstellungen checken, meist werden mehrere gleichzeitig gezeigt. 

 

Das multidisziplinäre Zentrum «Arts Santa Mònica» ist in einem ehemaligen Renaissancekloster nahe der Ramblas untergebracht.

Die Ausstellung gliedert sich in zwei Installationen. Hier bläst eine Gruppe elektronisch gesteuerter Ventilatoren in die Segel eines Schreibstifts.

Stift und Ventilatoren stehen ständig im Dialog miteinander, die Maschine hört niemals auf zu zeichnen.

Gestaltet werden die Zeichnungen nicht von einem Individuum, sondern von einem System von Akteuren.

Bei der zweiten Installation fallen 10'000 Tropfen Tinte aus 15 Metern auf eine Leinwand, die sich im Rhytmus der fallenden Tropfen bewegt. Beeinflussen Bewegungen aus der Luft die Flugbahn der Tropfen, gerät das orthogonale Raster aus dem Gleichgewicht.

Der Architekt Edouard Cabay forscht seit 2015 im Rahmen der «Machinic Protocols» über Unbestimmtheit und Zufall im Raum.