Hindernisfreies Wohnen sollte in einer modernen Stadt wie Zürich selbstverständlich sein. Doch für Menschen mit Behinderung ist die Suche nach passendem Wohnraum eine Herausforderung.
Neben der allgemeinen Wohnungsknappheit stehen oft die vielen nicht zugänglichen Altbauten im Weg, die nur schwer angepasst werden können. Selbst die wenigen Neubauten, die den aktuellen Standards entsprechen sollten, sind meist teuer – eine Hürde, die viele Betroffene ausschliesst.
Im Gespräch mit der Behindertenkonferenz Zürich (BKZ), die sich täglich mit diesen Fragen befasst, zeigt sich, dass es weit über den Raum Zürich hinaus an hindernisfreien Wohnungen mangelt. Für viele bleibt ein wirklich zugängliches Zuhause ein unerfüllter Traum.
Gesetz und Umsetzung: Eine Lücke mit Folgen
Obwohl es klare Vorgaben für hindernisfreies Bauen gibt, bleibt die Praxis oft hinter den Zielen zurück. «Die Baupolizei ist überlastet, und die Kontrolle ist somit nicht gewährleistet», erläutert die Behindertenkonferenz.
Besonders bei Umbauten wird oft versucht, Kosten zu sparen, indem Anpassungen als «unverhältnismässig» deklariert und damit umgangen werden. Manche Bauherr:innen reduzieren beispielsweise absichtlich die Gesamtkosten eines Projekts, um die Kosten für Anpassungen im Vergleich überhöht erscheinen zu lassen – eine Entscheidung, die nicht nur Menschen mit Behinderung, sondern auch ältere Menschen und Familien benachteiligt.
Hürden
Oft wird als Grund dafür notwendige Anpassungen in älteren Gebäuden nicht umzusetzen auch der Denkmalschutz angegeben. Dabei wird jedoch häufig übersehen, dass Denkmalpflege und hindernisfreies Bauen rechtlich gleichgestellt sind.
Die BKZ betont: «Die Denkmalpflege kann keine Aussage darüber machen, ob Hindernisfreiheit umgesetzt werden muss. Zudem sind die Normen zum hindernisfreien Bauen im Kanton Zürich gesetzlich verankert. Es besteht somit eine Pflicht zur Umsetzung.» Diese Gleichstellung wird dennoch oft ignoriert. Auch in der Architektur selbst wird Design manchmal über Funktion gestellt, was Menschen mit besonderen Bedürfnissen zusätzliche Hürden schafft. «Die Umsetzung der Normen hängt schlussendlich jedoch von der Haltung der Bauämter ab, da diese für die Bewilligung zuständig sind.», ergänzt die BKZ.
Öffentlicher Raum und Mobilität: Luft nach oben
Nicht nur der Wohnraum, auch der öffentliche Raum und Verkehr weisen Lücken auf. Das Behindertengleichstellungsgesetz (BehiG) hat eigentlich vorgesehen, dass der öffentliche Verkehr in der Schweiz bis 2023 vollständig hindernisfrei gestaltet sein sollte.
Trotz dieser Frist fehlen immer noch wichtige Anpassungen wie Rampen, klare Kontraste und ausreichende Beleuchtung. Für Menschen, die auf eine hindernisfreie Umgebung angewiesen sind, bedeutet dies nach wie vor gravierende Einschränkungen in Mobilität und Unabhängigkeit.
Eine Stadt für alle
«Es braucht strengere Gesetze und Auflagen sowie eine konsequentere Durchsetzung der Normen», fordert die Behindertenkonferenz Zürich. Nur so kann eine Stadt entstehen, in der die Bedürfnisse aller Menschen – ob mit oder ohne Einschränkungen – berücksichtigt werden.
Hindernisfreier Wohnraum sollte keine Ausnahme, sondern die Regel sein, denn für Menschen mit Behinderung ist Hindernisfreiheit nicht bloss ein Komfort. Sie ist der Schlüssel zu einem unabhängigen, gleichberechtigten Leben in der Stadt, die sie Zuhause nennen.