Bis 2020 leitete er das weltberühmte Fermentation Lab im Restaurant Noma in Kopenhagen. Aktuell sitzt er in der Jury der Kochsendung Top Chef Kanada und begeistert auf Instagram 123‘000 Follower*innen: Kein Wunder, denn die Koch-Videos des kanadischen Food-Experten David Zilber haben Suchtpotenzial und lassen selbst bei Laien eine nie da gewesene Neugier für das Fermentieren von Gemüse aufkommen. Anlässlich der Munich Design Business Week konnten wir ihn auf ein Interview treffen und haben unter anderem erfahren, wieso Kohl das meist unterschätzte Gemüse ist und was er seinen Gästen am liebsten auftischt.
Sie waren auf einem Panel der Munich Creative Business Week. Was war für Sie das Highlight der Designveranstaltung und wie wichtig sind solche Events für Sie als Kreativer?
David Zilber: Ich war leider weniger als 24 Stunden in München, aber Hella Jongerius zu treffen war ein Highlight. Ich muss gestehen, dass ich sie zuvor nicht gut kannte, aber meine Freundin ist ebenfalls Designerin und meinte, sie sei legendär.
Was hat Sie beeindruckt?
DZ: Jemand fragte sie während des Panels, welchen Rat sie jungen Designer*innen geben würde und sie sagte: Sie sollen mit dem Designen aufhören. Ich fand das eine sehr kraftvolle Antwort. Mir geht es ähnlich. Ich appelliere auch mehr für die Erhaltung von Dingen und weniger an die Neuerfindung. Dass eine solche Meinung an einer Design Business Week Platz hat, fand ich sehr motivierend und ermutigend. Wir brauchen eine bessere Kreislaufwirtschaft, mehr Erhaltung und Recycling. Ich glaube, dass wir uns mehr Gedanken darüber machen müssen, was wir in die Welt setzen.
Darum geht es auch in ihrem Job, sie erhalten Gemüse und Obst. Würden Sie sagen, die Fermentierung erfährt gerade eine Renaissance?
DZ: Ja, absolut. Alte Dinge, die allmälich in Vergessenheit geraten sind, werden heute wieder interessant und aufregend. Das ist beim Essen genauso wie in der Mode, Trends wiederholen sich immer wieder. Manchmal hat man zwar das Gefühl, man macht etwas Aussergewöhnliches oder gar Revolutionäres, aber wenn man in der Geschichte zurückgeht, findet man immer irgendwen, der bereits dasselbe gemacht hat. Ich sage deshalb immer, wir machen nichts Neues, wir mixen nur neu zusammen, denn alles was wir heute machen, haben frühere Generationen bereits vor tausenden von Jahren getan. Aber genau dieser Aspekt gefällt mir an der Arbeit. Wir konservieren Tradition und können mit alten Methoden spielen. Und es ist wichtig, diese Methoden der neuen Generation näher zu bringen, aber auch das Verständnis zu schaffen, dass wir im Grunde nichts Neues machen, dies sollte einem nicht in den Kopf steigen.
Sie haben fünf Jahre lang das Fermentation Lab im dänischen Restaurant Noma geleitet. War das ein Traumjob?
DZ: Nein, ich hatte nie davon geträumt, aber ich versuche immer offen zu sein für alle Möglichkeiten, die sich mir bieten. In dem Sinne war es vielleicht schon ein Traumjob. Aber es beinhaltete auch, dass ich Vieles selbst implementieren und entwickeln musste, was eine grosse Verantwortung war. Es war für mich eine tolle Zeit, aber manchmal auch wirklich anstrengend. Ich musste mit vielen verschiedenen Ansprechpartner*innen kommunizieren und klar kommen, dazu kam das öffentliche Interesse und die Aufträge ausserhalb der Arbeit. Ich denke, dass es kein Job für jeden ist. Es ist ein Job, der immer mit einem Ablaufdatum bestückt ist. Man kann diese Arbeit nicht für immer tun. Ich machte den Job sechseinhalb Jahre und es fühlte sich an wie 18 – insgesamt war es gut so.
Ich habe gelesen, dass Ihre Karriere in einer Metzgerei in Toronto begann, als Sie mit der Fermentierung von Würsten und Salami experimentierten. Konnten Sie sich damals vorstellen, wohin diese Reise noch führen wird?
DZ: Nein, absolut nicht. Ich hatte keinen Plan, ich lebte einfach in den Tag hinein. Natürlich hatte ich ein paar Pläne, was ich in meinem Leben anstellen möchte. Als ich im Noma anfing, dachte ich, dass ich ein paar Jahre bleibe und dann wieder zurück nach Toronto gehe. Heute, fast zehn Jahre später, bin ich noch immer in Kopenhagen. Zudem hatte ich damals ein anderes Angebot von einer Pizzeria in Brooklyn, die zu einem Fine Dining Restaurant gehört und ich dachte eigentlich, dass ich dazu ja sagen würde.
Was fasziniert Sie mehr – die Zukunft oder die Vergangenheit?
DZ: Die Vergangenheit oder anders gesagt, eine Zukunft, wo wir uns auf die Vergangenheit beziehen können.
Welches Gemüse wird bei uns komplett unterschätzt?
DZ: Kohl, es ist super gesund und eines der besten Gemüse, wenn es fermentiert ist. Dazu ist es super geschmackvoll. Meiner Meinung nach bekommt Kohl viel zu wenig Aufmerksamkeit. An einem Buffet laufen immer alle an Kohl vorbei; ich häufe mir immer einen Teller voll. Allgemein schmeckt fermentiertes Gemüse, als ob man die Sonne konserviert. Es ist so simpel und gleichzeitig das Beste für Körper und Magen.
An was arbeiten Sie momentan?
DZ: Ich arbeite an einem neuen Buch und habe ein paar TV-Jobs, unter anderem bin ich in der Jury der Sendung Top Chef Kanada und Gast-Juror bei Top Chef USA. Und daneben finden immer viele Events statt. Was soll ich sagen – ich bin ein viel beschäftigter Typ.
Welches ist ihr Lieblingsmöbel?
DZ: Die Tische von Dirk van der Kooij – sie bestehen aus recyceltem Plastikabfall und sind ein perfektes Beispiel, wie man aus alten Dingen Neues gestalten kann.
Was kochen Sie, wenn Sie Gäste haben?
DZ: Ich liebe es Sauerteig-Pizza zu machen. Diese ist lecker und ich finde sie wundervoll, um mit Menschen zusammenzukommen. Pizza passt immer und ich liebe es diese mit meinen Kimchi und pickled Jalapenos zu belegen.