Die Produktivität von Piero Lissoni Associati ist fast unerschöpflich. Sei es im Bereich Design, Architektur, Grafik oder Materialforschung – die Arbeiten des Mailänder Büros schwingen immer oben auf. Wir haben Piero Lissoni am Salone del Mobile am Stand von Knoll International getroffen und mit ihm über seine Arbeit und die Designwelt im Allgemeinen gesprochen.
Sie designen Produkte für die unterschiedlichsten Labels, was genau ist das Spezielle an der Zusammenarbeit mit Knoll International?
Piero Lissoni: Jedes Unternehmen hat seine Eigenheiten. An Knoll International schätze ich die Offenheit der beteiligten Menschen. Es gibt einen direkten Draht durch alle Abteilungen durch. Das macht Entscheidungen einfach und transparent.
Ist es wichtig, Architekt zu sein, wenn man für Knoll International gestaltet?
PL: Designer zu sein bedeutet immer auch, sich mit dem Raum auseinanderzusetzen. Ich empfehle allen Produktegestaltern, als erstes eine Ausbildung im Architekturbereich zu machen.
Diese Verquickung von Architektur und Design ist aber auch eine Spezialität Italiens, oder?
PL: Wenn man es genau nimmt, ist es eine Mailänder Spezialität. Aus einem einfachen Grund: Rund um Mailand befinden sich alle wichtigen globalen Brands, die bereits anfangs des letzten Jahrhunderts mit den angesagtesten Architekten tolle Produkte realisiert haben.
«Solange es Unternehmen gibt, die bereit sind, das Risiko des Scheiterns einzugehen, wird es gutes Design geben.»
Gibt es eine DNA des italienischen Designs?
PL: Nein, die gibt es nicht. Aber es gibt die DNA des in Italien produzierten Designs. Und diese DNA basiert auf dem Mut, Neues zu wagen. Solange es Unternehmen gibt, die bereit sind, das Risiko des Scheiterns einzugehen, wird es gutes Design mit dem Stempel Made in Italy geben.
Sie haben für Knoll International ein Bücherregal designt. Haben Bücherregale überhaupt noch eine Zukunft?
PL: Ich denke schon, denn die Bücherregale haben sich zu Wunderkammern gewandelt. Es sind vielleicht nicht mehr so viele Bücher, die man in diese Regale stellt, aber Erinnerungen, die man anfassen will. Vieles haben wir in unseren Handys abgespeichert, aber wir haben auch die Sehnsucht nach Haptischem. Ausserdem haben sich alle futuristischen Visionen die man zu einer gewissen Zeit gehegt hat, meist als falsch erwiesen.
Welche Visionen haben Sie bezüglich ihrer Arbeit?
PL: Ich suche nach leisen, aber eleganten Tönen. Mich interessiert nicht das grosse Brimborium. Vielleicht bin ich ein bisschen arrogant. Man muss aber nicht immer den Trends folgen. Mich interessiert das Leben, der Alltag, die Gesellschaft, auch die Geschichte. Für mich ist es wichtig, ein weites Sichtfeld zu haben. In der Einfachheit liegt eine hohe Komplexität. Wenn dies nicht so ist, dann wird sie banal.