Von den Schnallen über den Stoff bis hin zu den Verschlüssen - beim Mono[PA6] Backpack ist alles aus dem gleichen Material gefertigt. Dafür verzichtet Freitag zum ersten Mal auf die obligate LKW-Plane. Warum dieser Wandel? Damit der Rucksack nach einem langen Leben nicht im Müll, sondern wieder im Materialkreislauf landet. Kreislaufwirtschaft zum Anfassen!
Für mich ist die erste Freitag-Tasche ganz ohne LKW-Plane durchaus ein emotionaler Moment: Schliesslich bin ich seit fast zwanzig Jahren mit dem Kultobjekt verbunden. Nicht nur, dass ich ganz früher wie fast jede Person in der Schweiz eine Freitag-Tasche besass, sondern ich habe während meines Studiums im Freitag-Tower in Zürich-West gearbeitet.
Einem damals auch aus architektonischer Sicht bahnbrechenden Laden, der weit über die Landesgrenzen hinaus bekannt war. Noch heute trage ich einen Freitag-Schlüsselanhänger mit mir herum. Und das seit fast zwei Dekaden.
In diesen Jahrzehnten ist beim Zürcher Pionierunternehmen viel passiert - ausser dass die beiden Gründer, die Gebrüder Dani und Markus Freitag, noch fast genauso aussehen wie damals. Oder zumindest so zeitlos erscheinen wie in den 1990er-Jahren, als die Brüder in ihrer WG in der Nähe der Zürcher Hardbrücke die ersten Blachen-Taschen für ihre Freunde zusammengebastelt haben. Der Grundstein einer einmaligen Erfolgsstory.
Tasche steht im Moma
Mit ihren Taschen haben die Gebrüder Freitag eine neue Produktkategorie geschaffen, die oftmals kopiert wurde, aber nie an das Original herangekommen ist. Diese Kopien hat Freitag zuletzt parodiert, in dem sie die damals von der Migros geklonte «Donnerstag»-Tasche in ihrem Laden verkauft haben. Und dafür den Containerbau in Zürich-West kurzerhand zu einem temporären Supermarkt umgebaut haben. Freitag hat mit der Tasche auch eine Designikone geschaffen, die im Moma-Museum in New York einen festen Platz hat.
Mit ihrem speziellen Produkt war Freitag von Anfang an ein Pionier in der Kreislaufwirtschaft. Vor über dreissig Jahren hat das Unternehmen begonnen, ausgemusterte Planen von Lastwagen als Taschen wiederzuverwenden. Das war auch einer der Gründe damals, während meines Studiums im F-Shop anzuheuern. Ich mochte die Werte des Zürcher Labels.
Immer wieder neue Ideen
Mit den Blachen-Taschen hat Freitag ein Kultobjekt geschaffen, das weltweit in zahlreichen Shops von Zürich bis Seoul verkauft wird. Erstaunlich dabei ist, dass sich das Unternehmen seit Jahrzehnten am Markt hält und auch nach dem ersten Hype in der Schweiz weiterhin Hunderttausende Taschen und Accessoires weltweit verkauft.
Ein Geheimnis des Erfolgs ist, dass das Unternehmen nie stehen geblieben ist und immer wieder neue Innovationen angerissen hat. Diese sind erfolgreich gelungen, so wie etwa die Rucksäcke und Umhängetaschen, die auch bei einer jungen Zielgruppe beliebt sind. Es gab aber auch Produkte, die nicht so gezündet haben, wie etwa die eigene Kleiderlinie.
Die beiden Gründer, Daniel und Markus Freitag, haben sich in den letzten Jahren vorwiegend aus dem Tagesgeschäft zurückgezogen und die Geschicke der Firma anderen überlassen. Freitag ist nicht nur ein Schweizer Pionier in der Kreislaufwirtschaft, sondern auch in einer holistisch organisierten Organisationsstruktur. Will heissen: Es gibt keine Chefs, sondern Teams.
Monomaterieller Mehrwertbringer
Nun begeht Freitag wieder Historisches, in dem das Unternehmen heute die erste Tasche ganz ohne LKW-Blacne lanciert: Der neue Mono[PA6] Backpack ist damit auch das erste komplett kreislauffähige Produkt von Freitag. Vom Stoff über die Reissverschlüsse bis hin zu den Schnallen besteht der Rucksack nur aus nur einem Material, das am Ende des Zyklus wieder vollständig rezykliert werden kann. «Wir schliessen damit einen Materialkreislauf von Anfang bis Ende und kommen damit unserer Vision der Kreislaufwirtschaft einen Schritt näher», sagt Anna Blattert, Circular Technologist bei Freitag.
Die neue Tasche symbolisiert auch den Wandel von Freitag in den letzten Jahren: Die Kreislaufwirtschaft ist die oberste Maxime des Unternehmens. Künftig sollen die Taschen und Accessoires nicht mehr nur aus gebrauchten Materialien bestehen, sondern sie sollen vor allem alle wieder in den Materialkreislauf hineingebracht werden.
Dafür hat das Unternehmen in den letzten Jahren viel in die Circular Economy investiert: «Wir müssen Produkte ganzheitlich, mit ihrem Lebensende im Blick, konzipieren und dafür sorgen, dass alles, was kreislauffähig ist, auch tatsächlich in den Kreislauf zurückkommt», sagt Anna Blattert, die sich bei Freitag als Circular Technologist bezeichnet.
Die totale Kreislauffähigkeit hat Freitag mit dem Mono[PA6] erreicht, in dem es wie der Name schon sagt, auf Monomaterialität setzt. Die ganze Tasche besteht aus nur einem Material. In diesem Fall ist die gesamte Tasche aus Polyamid 6 hergestellt. Es sei vielseitig einsetzbar und robust.
Das Recycling klingt einfacher, als dass es sei: Die Tasche besteht aus 17 Komponenten, die in ihrer Textur und Beschaffenheit aber verschiedene Aufgaben erfüllen müssen: Von wasserabweisendem Hauptmaterial über stabile Reissverschlüsse bis hin zu Lösungen für Tragegurte, Etiketten oder Nähgarn.
Designer Jeffrey Siu liess sich von Velos inspirieren
Das Unternehmen aus Zürich ist überzeugt, dass Kreislaufwirtschaft nur durch Kollaboration erreicht werden kann. Auf dem Markt gab es bereits wasserabweisende Materialien, doch sie genügten den Anforderungen von Freitag nicht. Zusammen mit einem taiwanesischen Partner aus der Textilindustrie konnten die Entwickler von Freitag schliesslich ein neuartiges Gewebe entwickeln, das sowohl wasserabweisend als auch monomateriell ist.
«Nach einer aufwändigen Entwicklungszeit überzeugte der innovative Stoff, der aus drei Lagen besteht, dann im Materialtest», sagt Blattert. Beim Design liess sich der britische Designer Jeffrey Siu wiederum von der seit dem Beginn zelebrierten «Zweiradkultur» von Freitag inspirieren.
Der Rucksack kann dabei auch als Crossbody-Bag getragen werden. Dieser ist dank gefaltetem Boden und flexiblem Roll-Top-Verschluss sehr variabel im Volumen. Die zusätzlichen Aussen- und Innenfächer, der gepolsterte Rücken inklusive Laptopfach und nützliche Extras wie ein Schnellzugriff-Fach und eine Schlüsselandockschlaufe passen zur Freitag-Linie.
Kunde trägt auch Verantwortung
Wie auch bei anderen Designlabels wie etwa dem Wintersportkleider-Hersteller Patagonia sollen die genutzten Taschen zuerst repariert werden. Sind sie dann doch zu alt geworden, kommt der Rucksack über den Take-Back-Service zurück nach Zürich und geht von dort weiter zum IWK Institut für Werkstofftechnik und Kunststoffverarbeitung in Rapperswil bei Zürich.
Bei diesem Forschungs- und Recyclingpartner werden sie als Ganzes geschreddert und zu PA6-Granulat verarbeitet, welches wieder für Neues verwendet werden kann – wie zum Beispiel für neue Rucksackkomponenten. Ein kreislauffähiges Produkt kann aber nur bestehen, wenn der Kunde ihm auch den gebührenden Respekt entgegenbringt. Es liegt an ihnen, sie nicht einfach wegzuwerfen, sondern bewusst wieder zu Freitag zurückzubringen und in den Kreislauf einzuspeisen.