Das Schöne liegt oft so nah – das durfte ich in den letzten Jahren vermehrt feststellen. Ich nahm die speziellen Umstände der vergangenen zwei Jahre zum Anlass, die Stadt, die ich nun mehr als 15 Jahre mein Zuhause nenne, mit frischen Augen zu erkunden und Neues zu entdecken. Touristin sein in meiner eigenen Stadt. Denn was ich an Zürich besonders mag, sind die verschiedenen Stadtkreise mit individuellem Charme und Charakter – und doch bewege ich mich immer im gleichen.
Das sollte sich ändern. Ich packte eine Tasche und zog für eine Nacht ins Niederdorf in den Kreis 1, den ich eigentlich gerne den Touristen überlasse und nur für den Transfer nutze. Dabei liegt in diesen Gassen so viel Geschichte. Nur unweit des Hotels entfernt, im Cabaret Voltaire, wurde zum Beispiel 1916 die Kunstbewegung Dada geboren, die die Gesellschaft bis heute massgeblich mitprägte. Jetzt tummeln sich vorwiegend Touristen in den illustren Gassen und Galerien, Shops sowie traditionelle Beizen reihen sich aneinander.
Hier inmitten der Marktgasse befindet sich das Boutique Hotel Marktgasse, das während rund zwei Jahren modernisiert und saniert wurde. Seit 2020 vereint das Haus ein modernes Hotel mit zwei Restaurants und einer Bar. Die Geburtsstunde des Gasthauses ist so alt wie faszinierend und geht bis ins 13. Jahrhundert zurück. Damals war es noch als Rothaus bekannt und hat seither verschiedene Transformationen durchlebt. Eine Zeit lang beherbergte es gar ein beliebtes Varieté nach dem bekannten Crazy Horse in Paris und wurde so zu einem wichtigen Standort der Zürcher Gastro- und Unterhaltungsszene. Heute geht es hier weitaus ruhiger zu und her.
Die 39 Zimmer sind individuell gestaltet und verfügen über unterschiedliche Grundrisse und Vorzüge – vom gemütlichen Singlestudio bis zur edlen Marktgassen-Suite ist für jeden Gast das passende Zimmer dabei. Das Hotel wurde vom Innenarchitekten Karsten Schmidt umgestaltet und modernisiert. Dabei wurde der Vergangenheit grosse Sorge getragen, um historische Elemente zu erhalten. So finden sich im denkmalgeschützten Haus Stuckaturen, Täferwände, Kachelöfen oder Säulen. Das Gestaltungskonzept der Innenräume stammt von den Creative Design Consultants Kessler & Kessler. Die Ausarbeitung und Umsetzung der Innenarchitektur übernahm IDA14 Zürich.
Die Zimmer sind individuell eingerichtet und versprühen einen modernen und doch zeitlosen Charakter. Das Interior zeigt einen auserlesen Geschmack und erfüllt alle Ansprüche an Design und Funktionalität. Besonders sind mir die bequemen Matratzen der Bettenmanufaktur Schramm in Erinnerung geblieben, darauf nächtigt es sich wie auf Wolken. Einzigartig sind auch die Badezimmer, die wahlweise mit Regendusche oder Badewanne ausgestattet sind.
Es sind jedoch die Kleinigkeiten, die das Haus so charmant, wohnlich und liebevoll gestalten, wie etwa der Blick aus den Fenstern in die belebten Gassen, der Brunnen im Flur, wo die Gäste ihre Karaffe mit frischem Züriwasser nachfüllen können, die lokalen Pflegeprodukte in den Zimmern oder die Flasche Schaumwein, die bei Ankunft auf dem Zimmer wartet.
Mein persönlicher Tipp: Für ein kulinarisches Highlight müssen Sie das Haus gar nicht erst verlassen. Zuerst gemütlich einen Drink an der Bar geniessen und dann direkt ins «IGNIV by Andreas Caminada» zum Abendessen einkehren – vorher reservieren nicht vergessen. Das Restaurant bietet eine exklusive Fine-Dining-Sharing-Experience, ideal auch für Veganer*innen. Kein Wunder, denn Küchenchef Daniel Zeindlhofer stand bereits mit 21 Jahren in der Küche auf Schloss Schauenstein und schaute Andreas Caminada über die Schultern. Heute verwöhnt er die Gäste im IGNIV in der Zürcher Altstadt mit überraschendem, kulinarischem Geschick und einzigartiger Raffinesse. Die Menuabfolge ist nicht nur abenteuerlich inszeniert, sondern bietet eine ganz besondere Gaumenerfahrung. Ein einzigartiges Erlebnis an das sich Magen und Gemüt noch lange zurückerinnern. Herz des Restaurants ist Sommelière Ines Triebenbacher. Sie führt kompetent durch die Weinkarte und kennt alle Geheimtipps der Region. Unser Wein von der Zürichsee-Region rundete den Abend perfekt ab.
Auch das Interior des Restaurants wahrt die Geschichte des Hauses, so zieren imposante und schwere Vorhänge den überschaubaren Raum, während intime Sofaecken den Charakter nochmals zusätzlich unterstreichen. Zum Abschied gab es eine feine Auswahl an hausgemachten Süssigkeiten auf den Weg – ein Traum! Und das Restaurant ein absolutes Must-Go in Zürich, nicht nur für Hotelgäste.
Beim Frühstück sass man zwischen Gästen und Geschäftsleuten aus der ganzen Welt, was dem Hotel einen kosmopolitischen Charakter verleiht. Ich nahm noch ein frisches Gipfeli und einen schaumigen Coffee-To-Go auf den Weg und war dann bereits wieder in meinem Alltag angekommen. Nur eben mit der Erkenntnis, dass ich für ein Abenteuer nicht kilometerweit reisen, sondern einfach mal öfters meinen Stadtkreis verlassen muss.