Inmitten des Mailänder Stadtviertels Porta Nuova, am Rande des Parco Biblioteca degli Alberi, stehen zwei üppig begrünte Hochhäuser. 15 000 Stauden, 5000 Sträucher und 800 Bäume, einige davon bis zu drei Stockwerke hoch, wachsen auf den umlaufenden Balkonen der beiden 2014 fertiggestellten Wohntürme Bosco Verticale von Stefano Boeri. Die Begrünung des mehrfach ausgezeichneten Projekts trägt nicht nur zur Verschönerung des Stadtviertels bei, sie hat auch positive Auswirkungen auf das städtische Mikroklima und das Klima in den Wohnungen der beiden Türme – der eine 19 Etagen, der andere 27 Etagen hoch.
Jede der Wohnungen hat Zugang zu mindestens einem Balkon, der einem kleinen Garten gleicht. So auch die Wohnung eines Weltenbummler-Paars im 23. Stockwerk des höheren Turms. Das Paar, das zwischen
Miami und Europa pendelt, träumte schon lange von einem Zuhause in Mailand. «Wir schätzen diese Stadt, die Architektur und die Menschen sehr», schwärmen sie.
Atemberaubende Aussicht
Mit der Wohnung im Bosco Verticale haben sie sich dabei eine Unterkunft mit einzigartiger Sicht auf die italienische Metropole geangelt. Auf der einen Seite überblickt man die Piazza Gae Aulenti, während sich auf der anderen Seite das hippe Viertel Isola entfaltet. An klaren Tagen reicht die Sicht gar bis zu den Alpen. «Die Aussicht von hier oben ist atemberaubend, und die Terrassen, die dank der akrobatischen Arbeit der Gärtnerinnen und Gärtner stets üppig begrünt sind, tragen zum Charme bei», fügen sie an.
Luft nach oben
Während das Äussere der grünen Wolkenkratzer unbestritten besticht, fehlte es dem Inneren der Wohnung an Charakter. Das Paar wollte den Räumlichkeiten Persönlichkeit verleihen und suchte dabei Unterstützung beim internationalen Büro MILO. Das Akronym steht für Mailand und London und bringt die Essenz von Architektin Arianna Crosetta und Innenarchitektin Federica Gosio auf den Punkt, die für ihre Fähigkeit bekannt sind, italienischen Stil mit internationaler Extravaganz zu verbinden.
Das Designbüro gestaltet Räume, die die Auffassung von zeitgenössischer Eleganz neu definieren. Im Vordergrund ihrer Projekte stehen dabei Farben und eine überraschende Verwendung verschiedener Materialien, Texturen und Muster. Nach einer Reihe von Telefonaten und Präsentationen von Moodboards, die die Vision des Projekts verdeutlichen sollten, machten sich Crosetta und Gosio sofort an die Arbeit.
Die Liebe der Bewohner für Mailand inspirierte Studio MILO zur Wahl italienischer Designstücke.
Das Ergebnis der viermonatigen Neugestaltung überzeugt: Die Kernstruktur der 300 Quadratmeter grossen Wohnung blieb weitgehend unverändert, dafür aber mit einem eklektischen Mix an Möbeln und Accessoires ausgestattet. «Da die Hausbesitzer nur wenige Gegenstände mitbrachten, beschafften wir fast alle Möbel neu», so die beiden Gestalterinnen. Die Liebe der Bewohner für die italienische Metropole inspirierte sie zur Wahl fast ausschliesslich italienischer Designstücke, die von ikonischen bis zu zeitgenössischen Möbeln reichen. Hinzu kamen Beleuchtungen, Kunstwerke und sorgfältig ausgewählte Accessoires.
Kontrastreich
Beim Betreten der Wohnung wird man von einer grünen Tapete mit Bambusmotiv begrüsst, die thematisch das Äussere der Türme aufgreift und in das Herzstück der Wohnung – den offenen Wohn- und Essbereich – hineinführt. Hier dominiert eine Farbpalette aus Blau-, Violett- und Rostrottönen, welche die Aussicht in das üppige Grün vor den raumhohen Fenstern verstärkt.
Eingerahmt wird der Wohnbereich vom hellblauen Sofa «Gala» von Cristina Celestino, dessen zentrales Rückgrat eine plissierte Kurve zeichnet. Mit Sitzgelegenheiten auf beiden Seiten ist es sowohl dem Essbereich auf der einen Seite als auch dem Loungebereich auf der anderen Seite zugewandt. Letzterer wird von dem ockerfarbenen Sessel und Ottoman «Grand Repos» von Antonio Citterio sowie Beistelltischen und einem massgefertigten Regal ergänzt, über welchem das Kunstwerk «Esplosione» von Erika Godino hängt.
Die Rückseite des Sofas ist dem Essbereich zugewandt. Am Calacatta-Marmortisch «Plinto» von Andrea Parisio für Meridiani kommen das Paar und seine Gäste regelmässig zusammen. Darüber hat Studio MILO eine selbst entworfene grafische Deckenstuckatur angebracht, deren Zentrum der goldene Kronleuchter «Papillon» von 101 Copenhagen bildet.
Was gibt es Schöneres, als den Tag mit einer Tasse Kaffee in den Wolken zu beginnen, während Mailand einem zu Füssen liegt?
Weitsicht
Um die Küche vom Ess- und Wohnbereich abzutrennen, dem Raum jedoch nicht essenzielles Licht zu nehmen, entwarf Studio MILO eine Glastür mit schwarzer Stahlstruktur, deren darin eingesetzte, unterschiedlich strukturierte Glasflächen für ein optisches Spiel sorgen.
Dahinter befindet sich eine monumentale Holzinsel von Boffi, an der das Paar gemeinsam kocht. Die hellblauen Küchenschränke «Oblò A» des italienischen Designers Matteo Zorzenoni schaffen in ihrer Farbigkeit eine optische Verbindung zum Sofa im Wohnzimmer. Das italienische Design geht dabei über die Innenräume hinaus: Auf der Terrasse vor der Küche lädt ein bronzefarbener Tisch sowie orange und graue Stühle von Daa Italia ein, die Natur aus nächster Nähe zu geniessen. «Was gibt es Schöneres, als den Tag mit einer Tasse Kaffee in den Wolken zu beginnen, während Mailand einem zu Füssen liegt?», schwärmt das Paar.
Auch auf der Terrasse vor dem Schlafzimmer finden sich Möbel von Daa Italia. In hellen Blau- und Grautönen bilden sie eine Verbindung zu der Möblierung im Schlafzimmer, die ebenfalls in diesen Tönen gehalten ist. Statt unterschiedlicher Farben wie im Wohnzimmer sorgen hier vielmehr unerwartete Strukturen und Formen für eine gewisse Spannung. Etwa der frei stehende Heizkörper «Milano» von Tubes Radioatori – neben dem Bett «Derek» von Meridiani –, der in seiner Form beinahe als Kunstskulptur daherkommt.
Mit der Ausstattung und Gestaltung dieser luxuriösen Mailänder Wohnung gelang Studio MILO eine raffinierte und harmonische Verschmelzung von Stilen, die den Charakter seiner Bewohner widerspiegelt und für Einzigartigkeit auch im Innern des herausstechenden Wohnturms sorgt.