Luxusgut Handwerkskunst

Einblicke in die neue Home Collection von Hermès

Portrait der Kreativdirektorin für Textilien bei Hermès, Florence Lafarge, in einer dunkelblauen Jacke.

Viel Feingespür: Kreativdirektorin für Textilien bei Hermès, Florence Lafarge.

Unser Leben ist vermehrt abstrakter und digitaler geworden. In den Ent­würfen der neuen Home Collection 21/22 sehe ich einen starken Bezug zum Haptischen, zu den Materialien. Ein Versuch, uns wieder mit der realen, fühlbaren Welt zu verbinden?

Florence Lafarge: Ja in der Tat. Während des Lockdown haben wir alle mehr Zeit zu Hause verbracht. Das hat uns aufgefordert, das Zuhause als Ort, an dem wir uns geborgen fühlen, neu zu überdenken. Wir sehnten uns danach, uns in Wärme und Komfort zu hüllen. Daneben spürten wir ein starkes Bedürfnis, die menschlichen Beziehungen zu stärken. Für uns bedeutete dies, noch näher mit unseren Handwerkern zusammenzuarbeiten und die Beziehungen zu ihnen zu festigen.

Hermès hat eine lange Tradition in der Zusam­menarbeit mit Künstlern. Für die Plaids «New Haven», «Fall River» und «Williams­ town» haben Sie sowohl mit Carson Converse als auch mit Gianpaolo Pagni zusammengear­beitet. Wie kam die Zusammenarbeit zustande?

FL: Gianpaolo Pagni und uns verbindet eine langjährige Beziehung, wie mit vielen anderen Künstlern und Gestaltern, die mit uns zusammenarbeiten. Die grosse Neuheit in diesem Jahr war jedoch, mit neuem Know-how zu arbeiten, nämlich der Quilt-Technik, dem maschinelle Quilten, welches auf den Bettüberwürfen Anwendung fand.

Weisser Bettüberwurf mit graphischem Stickmuster auf Kaschmir aus der neuen Home Collection von Hermès.

Kunstvoll: Die Künstlerin und Kunsthandwerkerin Carson Converse stickte Motive nach Gianpaolo Pagnis Zeichnungen auf Bettüberwürfe. 

Auch wenn die Technik bereits seit Jahrhunderten praktiziert wird, war die Idee, sie in einer zeitgenössischen und sehr modernen Form zu präsentieren. Also suchten wir nach einer geeigneten Person und haben die amerikanische Künstlerin und Kunsthandwerkerin Carson Converse getroffen, die diese Technik auf aussergewöhnliche Weise beherrscht. Für das Material verwenden wir immer gern naturweissen Kaschmir, auf welchen Carson mit exquisiten, filigranen Goldfäden Motive nach Gianpaolo Pagnis Zeichnungen stickte. Die goldfarbenen Nähte auf weissem, abgestepptem Grund erzeugen ein Wechselspiel von Licht und Schatten, das die Motive zum Vorschein bringt.

Wie lautete das Briefing für die Designer?

FL: In diesem Fall gab es keines. Wir besassen bereits die Zeichnungen von Gianpaolo Pagni, von denen wir fanden, dass sie sich für dieses spezielle Projekt sehr gut eignen würden. Oft erwerben wir Zeichnungen und Bilder, von denen wir uns versprechen, dass sie in Zukunft Verwendung finden werden. Bei den besagten Bettüberwürfen schien mir der Moment für Gianpaolos Skizzen geeignet.

 

Nahaufnahme eines Bettüberwurfs aus weissem Kaschmir mit feinem, goldigem Stickmuster aus der neuen Home Collection von Hermès.

Exquisit: Feinste Goldfäden zeichnen die Entwürfe Gianpaolo Pagnis nach, die bei Lichteinfall zur Geltung kommen.

In der Vergangenheit haben Sie selbst entwor­fen, zuletzt als Style Director für Kenzo Maison. Entwerfen Sie auch heute noch?

FL: Ja, ich habe früher als Designerin gearbeitet und arbeite auch heute gern noch eng mit Designer*innen zusammen. Mir entspricht es, mit Zeichnungen und Skizzen zu beginnen, mit etwas, das noch roh und schlicht ist, um es dann gemeinsam auszuarbeiten. Daher mag ich auch die Zusammenarbeit mit Grafikdesigner*innen sehr gern.

In diesem Jahr wurden alle Entwürfe in auf­ wendigen Verfahren von Hand gefertigt. Welcher Entwurf war dabei am schwierigsten zu realisieren?

FL: Dieses Jahr kamen viele anspruchsvolle Techniken zum Einsatz, unter anderem der gefilzte Kaschmir mit den äusserst filigranen Goldfäden, die Matratzenstickerei und die komplett von Hand gestickten «Cordélie»-Teppiche. Dabei war nicht zwingend die Technik neu, vielmehr der Bereich, in dem wir sie angewendet haben. Die Sticktechnik, mit der die Baumwollkordeln auf die «Cordélie»-Teppiche aufgestickt wurden, ist beispielsweise keine, die normalerweise bei Teppichen zum Einsatz kommt, vielmehr fand die Technik bis anhin im Modebereich Verwendung. Wir haben eine bekannte Technik also auf ein völlig anderes Produkt impliziert und damit ein neues und einzigartiges Hermès-Produkt erschaffen.

 

Teppich Tremplin von Hermès mit graphischem Muster aus aufgestickten Kordeln in Ocker und Orange.

Linear: Die Teppiche «Tremplin» und «Escalator» basieren auf Zeichnungen von Gianpaolo Pagni.

Teppich Escalator von Hermès mit Treppen-Muster aus aufgestickten Kordeln auf dunkelblauem, grünem und orangem Hintergrund.

Einzigartig: Die neue Teppichkollektion transformiert eine uralte Sticktechnik in zeitgemässe Unikate.

Eine weitere Herausforderung stellte uns die Langlebigkeit der Produkte – ein sehr zentraler Punkt bei Hermès. Im Endeffekt bedeutet dies, dass wir Produkte herstellen möchten, die ihren Zweck für sehr lange Zeit erfüllen. Das ist spannend, erhöht aber auch die Komplexität bei der Entwicklung.

Haben Sie einen persönlichen Favoriten aus der aktuellen Home Collection?

FL: Mein Lieblingsstück sind die Bettüberwürfe, die in Zusammenarbeit mit der amerikanischen Künstlerin Carson Converse entstanden sind. Sie hat grosses Know-how und hat sehr gut verstanden, was ich wollte, sodass diese Produkte einerseits eine starke Sinnlichkeit und andererseits hohe Funktionalität, Qualität und Robustheit vereinen.

 

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