Beat Breitenstein habe ich an einem Architekturdialog der Firma Argolite in Baselland kennengelernt. Seine Erscheinung und sein Interesse an allen möglichen Themen erweckten bei mir Neugierde. Diesen Mann würde ich gerne näher kennenlernen wollen. Er erzählte mir von einer anstehenden Ausstellung im Kunsthaus Zofingen und so nahm ich dies zum Anlass, Beat Breitenstein in seinem Atelier im bernischen Ins zu besuchen. In der mächtigen Zehntenscheune, wo der Künstler werkt und wirkt, eröffnete sich mir ein tolles Universum. Ein All, bei dem die Eiche eine zentrale Rolle spielt. Denn irgendwann in seiner Künstlerkarriere entschied sich Beat Breitenstein dafür, nur noch mit Eichenholz zu arbeiten. Warum? Das und vieles mehr erzählt er uns im nachfolgenden Interview.
Herr Breitenstein, Ihr beruflicher Werdegang begann als Modedesigner, wie kam es dazu?
Beat Breitenstein: Meine Mutter war Schneiderin, mein Vater Möbelschreiner, also wurde das Handwerk mir in die Wiege gelegt. Ich war ein bisschen ein Querschläger und habe einige Lehren abgebrochen. Dann folgte ich meinem Bruder, der als Architekt in Norwegen tätig ist, nach Oslo und schlug mich als Au-pair durch. Ich hatte das Glück, bei einer Familie zu landen, die mir einzig die Aufgabe übertrug, kreativ mit den Kindern zu arbeiten. Auf einer alten Nähmaschine, die es da im Hause gab, nähte ich mir meinen ersten Anzug. Per Zufall entdeckte ich einen italienischen Lederverarbeiter, bei dem ich dann das Nähhandwerk noch tiefer erlernte. Dann meldete ich mich zum Studium des Modedesigns an und sie haben mich erstaunlicherweise genommen. So kam ich zum Modedesign, und zurück in der Schweiz war ich 14 Jahre lang verantwortlich für die Gestaltung in einem Mode-Unternehmen der französischen Schweiz.
Wie kamen Sie denn zur Kunst?
BB: Ich habe mich immer für Kunst interessiert und auch selber Kunst gemacht. Ich brauchte neben der weichen Materie des Stoffes auch die Auseinandersetzung mit anderen Materialien. Holz war immer schon ein wichtiger Bestandteil meiner Arbeit. Das rührt daher, dass mein Vater Möbelschreiner war. Dadurch hatte ich auch das Gespür für Holz und Kenntnisse über verschiedene Holzarten. Mit 40 hing ich mein altes Leben an den Nagel und entschied mich dafür, ausschliesslich Kunst zu machen.
Konnten Sie denn davon leben?
BB: Zu Beginn hatte ich noch einen 50-Prozent-Job als Kunstlehrer am Internat Schlössli hier in Ins. Dadurch kam ich an diesen Ort. Seit 26 Jahren widme ich mich nun aber ausschliesslich der Kunst und natürlich gibt es immer wieder finanzielle Aufs und Abs. Aber ich kam bis jetzt immer durch. Eines der wichtigsten Rezepte ist dabei, kein Vermögen für Atelierräumlichkeiten auszugeben und da hatte ich mit der Miete hier in der Zehntenscheune in Ins einfach Glück. Eine schönere Wirkungsstätte kann man sich gar nicht wünschen.
Sie haben sich vor 25 Jahren explizit für den Werkstoff Holz und seit 19 Jahren ausschliesslich für die Eiche entschieden. Schränken Sie damit Ihre künstlerische Freiheit nicht ein?
BB: In der Einschränkung liegt die Freiheit. Ausserdem bietet der Oxidationsprozess, verursacht durch die Gerbsäure, die nur im Eichenholz vorkommt, immer wieder neue, spannende Resultate. Die vertiefte Beschäftigung mit nur einem Material eröffnet ganz andere Erkenntnisse und bietet auch die Möglichkeit fürs Experiment. Und guter Wein wird schliesslich auch ausschliesslich im Eichenfass gelagert.
Sie behandeln das Holz ausschliesslich mit der Kettensäge. Auch eine bewusste Einschränkung?
BB: Mich interessiert der ganze Prozess. Wenn ich zum Beispiel die Holzstäbe in einer Schreinerei zuschneiden liesse, wäre ich nicht mehr Teil des Prozesses. Ich würde einen Teil davon aus der Hand geben. Das wäre nicht dasselbe. Mir liegt viel daran, den ganzen Prozess der Entstehung eines Kunstwerks unter Kontrolle zu halten.
«Mir liegt viel daran, den ganzen Prozess der Entstehung eines Kunstwerks unter Kontrolle zu halten.»
Gold spielt bei Ihrer Arbeit auch immer wieder eine wichtige Rolle, was hat es damit auf sich?
BB: Eigentlich bin ich dank meiner Partnerin auf das Thema Gold gestossen. Die erste Arbeit war eine Weihnachtskarte mit goldigem Holzdruck. Das Gold fasziniert durch seine Strahlkraft und die Reflexion und Reaktion, die es mit Licht erzeugt. Für die Ausstellung im Kunsthaus Zofingen habe ich eine Installation von 2000 goldig angemalten Eichenblättern gemacht, deren Wirkung einfach unglaublich ist. Jedes Blatt wurde von mir und meinem Sohn, der mir oft bei der Installation meiner Arbeiten hilft, einzeln mit einer Stecknadel an die Trägerplatte gepinnt. Dadurch entsteht eine besondere Dynamik. Einzelne Blätter können im Kunsthaus auch gekauft werden. Der Erlös geht dabei zugunsten der Setzung einer Eiche auf dem Heiternplatz in Zofingen.
Vor dem Kunsthaus Zofingen kam auch ein von Ihnen rudimentär bearbeiteter Eichenstamm zu liegen. Erzählen Sie uns mehr darüber.
BB: Der Stamm stammt von einer über 200-jährigen Eiche und wurde von hier per Schwertransport nach Zofingen gebracht. Ich habe die eine Seite natürlich belassen und die andere habe ich mit der Kettensäge bearbeitet. Der Stamm liegt auf einer Stahlstele und bekommt so seine künstlerische Erhöhung.