Falls es so etwas wie das klassische Architekturbüro geben sollte oder eine Anleitung zur Gründung eines solchen, so hat sich Ruumfabrigg sicher nicht an diese gängigen Vorgaben gehalten. Pascal Marx, Nina Cattaneo und Bettina Marti heben sich schon durch die Zusammensetzung ihres Trios von anderen jungen Architekturbüros ab. Die beiden ETH-Architekten Nina und Pascal haben mit Bettina jemanden an ihrer Seite, der durch den Master of Science in Business Administration Verwaltung und Buchhaltung von der Pike auf gelernt hat. Doch eine strikte Aufgabenteilung, wie man sie vermuten würde, gibt es nicht.
«Wir schätzen die Aussensicht, die Bettina in unsere Projekte einbringt», sagt Nina und spricht damit schon die offene Diskussionskultur an, die bei Ruumfabrigg herrscht. Diskutiert wird nicht nur über Entwürfe, sondern auch über den Weg, den sie als Architekturbüro gehen, über Prozesse, Ideologien und Rollenverteilungen. Oder, wie Pascal sagt: «Wir entwickeln uns als Büro ständig weiter. Wir laufen, justieren, laufen ...» Genau diese Dynamik und Offenheit macht sich auch in ihren Projekten bemerkbar. Jede Bauaufgabe, egal, ob Neu- oder Umbau, verlange nach spezifischen Lösungen. Dabei gelte es, die Qualitäten von Gebäuden und Orten zu erkennen und Potenziale aufzudecken, die sich dem Betrachter vielleicht erst auf den zweiten Blick erschliessen. So ist Ruumfabrigg auch nicht dafür, ein Gebäude um jeden Preis zu erhalten. «Wenn die architektonische Analyse zeigt, dass ein Neubau sinnvoller wäre, dann raten wir zu einem Neubau», sagt Nina, «denn auch das Erhalten braucht einen Grund.» Die Umbauprojekte, die die jungen Architekten bisher ausführen durften, zeigen eindrücklich, wie es ihnen gelingt, durch eine eingehende Analyse und ein stimmiges Konzept die Stärken eines Altbaus herauszuarbeiten.
In intensiven Gesprächen mit den Bauherren eruieren Nina und Pascal deren Wünsche, wobei sie versuchen, diese nicht in direkten Bildern, sondern an Bedürfnissen festzumachen. Zudem fördern sie in den Diskussionen das Verständnis für Architektur im Allgemeinen. Die breite Öffentlichkeit für Architektur zu sensibilisieren, liegt Nina und Pascal generell am Herzen. Daher betätigen sie sich zusätzlich unter anderem in der Nutzungsplanung Glarus Nord, auch mit architektonischen Dorfspaziergängen für Interessierte, und Pascal zudem als Bauberater der Kantonalen Denkmalpflege Schwyz; das von Ruumfabrigg gemeinsam mit STW AG für Raumplanung entwickelte Konzept der «räumlichen Dorfbilder» wurde als Baustein in die Nutzungsplanung aufgenommen. «Die Publikationsreihe analysiert und beurteilt die vorhandenen baulichen Strukturen, zeigt Potenziale und allfälligen Handlungsbedarf auf», so die Architekten. «Die räumlichen Dorfbilder sind ein erweiterbares und anpassungsfähiges Arbeitsinstrument für Bauherren, Planer, Behördenmitglieder und Interessierte.» An Engagement und Kreativität fehlt es Ruumfabrigg also sicher nicht. Und auch nicht an Mut und Weitsicht, was sich auch an ihren zwei Bürostandorten in Obstalden, Kanton Glarus, und Zürich zeigt.
Einen interessanten Einblick nicht nur in den Umbau Höckler, sondern auch in die Arbeits- und Gedankenwelt von Ruumfabrigg, gibt dieser Film: