Hideaway im Nirgendwo

Unkonventionelle Architektur in Norwegen

Im November wurde «Mylla Hytte» für den EU Preis für zeitgenössische ArchitekturMies van der Rohe Award 2019 nominiert. 

«Mylla» bricht mit der rechteckigen Form einer traditionellen Hütte.  Mork Ulnes Architects konzipierten den Bau in From eines Windrades.

Die Hütte liegt in in der Nordmarka, einem Waldgebiet nördlich von Oslo. Trotz der einsamen Lage liegt nur eine Autostunde Weg zwischen «Mylla» und der Hauptstadt.

In jeder Richtung öffnet sich das «Windrad» zur Landschaft hin. Die Fenster geben Blicke frei auf den Himmel, den steil aufragenden Wald, den Hügel und den namensgebenden See.

Der skandinavische Winter ist nichts für empfindliche Gemüter. Frostige Temperaturen, viel Niederschlag und wochenlange Dunkelheit können ganz schön an der Moral nagen. Vielleicht ist dies ein Grund, warum sich Norweger so gerne in Outdoor-Aktivitäten stürzen: Wenn das Klima auch noch so unwirtlich ist, so kompensiert die Natur dieses Manko mit rauer Schönheit. Und die Städter nehmen den Weg gerne auf sich, um in der Abgeschiedenheit einer «Hytte» ein Wochenende beim Wandern oder im Schnee zu verbringen. 

Traditionelle Hütten sind meist klein und einfach gehalten, ohne Strom und fliessend Wasser. Für «Mylla» hatten die Bauherren andere Pläne. «Da wir keine Norweger sind, hatten wir keine genaue Vorstellung oder Vision davon, wie eine «Hytte» aussehen oder funktionieren soll», so Christine Griffin Young. «Wir vertrauten darauf, dass Casper und Lexie Mork-Ulnes mit ihrem innovativen Ansatz einen Schritt weiter gehen würden.» Das Paar wünschte sich ein kompaktes Gebäude, das neben der Wohnküche Platz für drei Schlafzimmer, zwei Bäder sowie eine Sauna bietet. Und so entwickelten die Architekten einen Bau, der den Hüttencharakter zwar aufgreift, dem funktionalen Häuschen aber ein Gefühl von Grosszügikeit und Weite verleiht.

Auflagen forderten ein Satteldach, das die Architekten allerdings teilen und in vier Schrägdächer gliedern konnten. «Mylla» liegt eingebettet mitten in der Landschaft. Die unbehandelte Kiefernfassade wird mit den Jahren silbergrau werden und sich noch stärker in die Natur integrieren. 

 

 

 

Perspektivenwechsel: Die vier Flügel des Hauses bieten eine Vielfalt unterschiedlicher Ausblicke.

84 m² erfordern platzsparende Lösungen: Die Esstischbank ist gleich in die Kücheninsel integriert.

Das Kinderzimmer mit Kajütenbetten ist klein. Platz zum spielen gibt es auf einem Plateau, das zwischen Badezimmerdecke und Schrägdach liegt.

Im Inneren dominieren Sperrholz und Beton. Jedes Schlafzimmer hat zwei Schiebetüren, um eine fliessende Zirkulation zu ermöglichen. Die darüber liegenden Glasscheiben reduzieren Geräusche und geben den Blick auf das offene Dach frei.

Statt die Wohnfläche in einzelne Zimmer aufzuteilen, entwarfen die Architekten das Innere des Häuschens als offene Landschaft. Die vier Dachschrägen verbinden den Raum zu einer Einheit, nur die Badezimmer sind in sich geschlossen. Gegliedert wird er durch drei funktionale Kerne, die Platz für die Küchenzeile, Badezimmer und Stauraum bieten. 

«Wir wollten das Interieur sauber und einfach halten, deshalb verwendeten wir im Innern nur zwei Materialien: Sperrholz und Beton», so Lexie Mork-Ulnes. Die Architekten behandelten das Holz mit Lauge und Weissöl, um eine warme, helle Atmosphäre zu schaffen. Massgefertigte Möbel wie Betten, Couch, Esstisch, Bänke und Regale sorgen für eine optimale Nutzung der Räume. Das Sofa im Wohnzimmer besteht aus zwei Matratzen, um bei voller Belegung zwei Schlafplätze mehr anbieten zu können.

 

"Wir wollten die Möbel so materialeffizient wie möglich gestalten, der Esstisch zum Beispiel hat genau die Grösse zweier Sperrholzplatten.» 

Neben den vier Familienmitgliedern finden bis zu sechs Gäste Platz in dem kleinen Häuschen. Die Youngs kommen rund ums Jahr hierher, unabhängig von Wetter und Jahreszeit. «Der windradartige Grundriss und die schräge Dachform leiten sich vom Klima ab. Sie sorgen auch für Privatsphäre, indem sie die Schlafzimmer separieren. Jedes Fenster wirft einen ganz eigenen Blick auf die Landschaft. Das Gebäude ist die direkte Antwort auf Kontext und Umgebung und ermöglicht gleichzeitig ein einzigartiges Erlebnis», so Casper Mork-Ulnes.

 

 

 

 

 

 

 

Der kleine Annexbau bietet Platz für eine kleine Sauna, Mountainbikes oder Skier.

Durch den Grundriss des Windrads entstanden zwei windgeschützte Aussenräume – einen für Morgen- und einen für Abendsonne. Die Schrägdächer sorgen dafür, dass kein Schnee auf die Terrassen rutschen kann.

«Mylla» ist von Oslo aus sogar mit dem Mountainbike gut erreichbar, wie Baueherr Scott Young schon herausgefunden hat.

Das Gebäude liegt direkt am Waldrand an einem steilen Hang.

Neben Haus steht ein Annexbau mit einer kleinen Sauna.

Durch die Schiebetüren können alle Räume fliessend erschlossen werden.

Nord- und Südseite bieten Zugang zu windgeschützten Terrassen.