«Nicht lange ist es her, als Architektur fest an alles Neue gebunden war. Die bescheideneren, aber allgemein praktizierten Handlungen des alltäglichen Unterhalts, der Anpassung und Reparatur haben im Hintergrund des Neuen weitgehend unbemerkt fortbestanden.»
Das Gewohnte aufzubrechen und das Feld zu erweitern, ist bezeichnend für die Arbeit von Lorenza Donati und Antoine Berchier vom Architekturbüro ALIAS. Man erkennt dies am unkonventionellen Website-Auftritt ebenso wie an ihren Projekten. Eindrückliches Beispiel hierfür ist die Transformation eines Wohnhauses, die wir in einem wundervollen Beitrag von Susanna Koeberle in unserer Ausgabe von Umbauen+Renovieren 1/25 vorstellen. Im Zentrum stehen die Wertschöpfung der Ressourcen und der Erhalt der bestehenden Substanz eines Gebäudekonglomerats, dessen Geschichte bis ins 17. Jahrhundert zurückreicht. ALIAS legte den Fokus auf die Langlebigkeit des fragmentierten Gebäudes, an dem verschiedene Um- und Anbauten vorgenommen worden sind. «Der ursprüngliche Grundriss ist im Laufe der Zeit verloren gegangen, in den Innenräumen liessen sich die deutlichen Einflüsse der Renovierungsarbeiten aus den 1970er-Jahren erkennen, die von einem experimentierfreudigen Bauherrn geprägt zu sein scheinen», so Lorenza Donati.
Ein Relikt dieser Experimentierfreude war das unterirdische Schwimmbad, das die heutigen Anforderungen an Komfort und Technik nicht mehr erfüllte und für das die Bauherrschaft keinen Bedarf mehr hatte. Durch minimale Eingriffe verwandelte ALIAS das Schwimmbad von einem obsoleten Raum in einen aussergewöhnlichen Wohnsalon. In das senkrecht profilierte Stahlblech wurde eine Öffnung eingeschnitten; mit Beton verstärkt, konnte die einzigartige Stahlkonstruktion freigelegt werden. Zusammen mit dem Oblicht wurde so eine starke visuelle Verbindung zum Aussenraum geschaffen. Diese überraschende Erweiterung des Wohnraums zeigt nur einen Bruchteil der Eingriffe, mit denen ALIAS eine Haltung gegenüber der Vergangenheit, der Gegenwart und der Zukunft ausformuliert hat, die nachhaltig und anpassbar ist und die sich auf mögliche Veränderungen einlässt. Es sind lustvolle Interventionen, die einen faszinierenden Kontrast zum pragmatischen Kernbau bilden – und die das einst introvertierte Haus mit der umliegenden Landschaft in Verbindung treten lässt.