Bureau Hindermann: Form, Farbe, Material

Interior

Moderne, farblose Flachdachvillen mit grosszügigen Glasfronten prägen heute das Bild vieler Neubausiedlungen und Ortschaften nicht nur in der Schweiz. Die Villa eines mexikanisch-schweizerischen Ehepaars mit vier Söhnen im Zürcher Oberland unterscheidet sich von aussen betrachtet nicht allzu sehr von ihren zahlreichen Artverwandten.

Im Innern jedoch entpuppt sie sich als charakterstarkes Unikat, mit auf die Wünsche und Bedürfnisse ihrer Bewohner massgeschneiderten Raumlösungen und innenarchitektonischen Clous. «Spezifische Leuchten, Möbel und Einbauten zu entwerfen, ist unsere Kernkompetenz», sagt Innenarchitekt Christof Hindermann, der seit rund 25 Jahren die Bureau Hindermann GmbH in Zürich betreibt und für die ausgefallene Einrichtung der Villa mit individuellen Möbeln und ausgeklügelten Details verantwortlich zeichnet.

Ein Wohnzimmer mit Tisch

Im Erdgeschoss gehen Küche und Essbereich mit massgefertigten Einbauten offen ineinander über.

«Individuell entworfene Objekte erzählen eine persönlichere Geschichte als Möbel von der Stange.»

Die Küche «la_catrina», Esstisch «ban_quette», Pendelleuchte «fa_cette», Schminktisch «ma_quilleuse» und der drehbare Aussentisch «tourne_sol» sind allesamt in engem Austausch mit der Bauherrschaft konzipierte und in der Zusammenarbeit mit hoch qualifizierten Handwerksbetrieben realisierte Massanfertigungen. Inhaltliche Raffinessen, Material- und Motivwahl im Ausbau erzählen hier vom mexikanisch-schweizerischen Hintergrund der Bauherrschaft.

Als Bureau Hindermann in die innenarchitektonische Planung einstieg, stand das neue Domizil der sechsköpfigen Familie bereits im Rohbau – mit rund 390 Quadratmetern Wohnfläche auf drei Etagen, inklusive eines grosszügigen Wellnessbereichs mit Sauna und Whirlpool für die Eltern sowie einer multifunktionalen Turnhalle für die vier Söhne im Untergeschoss.

Vorhanden war aus­serdem eine ausgeprägte Vorliebe der Bauherrschaft für Naturstein – als von der Natur geschaffene Kunstwerke faszinierte sie die zeitgebundene Materie so sehr, dass sie sich bereits im Vorfeld des Hausbaus umfangreich über mögliche Steinsorten für Bodenflächen und Einbauten informiert hatten.

Und schliesslich unterschiedliche Quarzite in grosszügigen Formaten auswählten: den fast weissen «Naica» für die Böden und den schwarzen, expressiv gemaserten «Tropical Storm» als Verkleidung für Einbauten wie die Waschtische in den Bädern, für einen extravaganten Schminktisch im Ankleidezimmer und den frei stehenden Küchenblock im offenen Koch- und Essbereich.

Ein Essraum

Die Platte des massgefertigten Tisches aus Räuchereiche lässt sich mit magnetischen Accessoires bestücken.

Küche für die Bedürfnisse der Familie

Der Küche kommt als Herz des Hauses besondere Bedeutung zu: «Hier verbringt die Familie viel Zeit – hier trifft man sich morgens zum Frühstück, hier wird gemeinsam mit den Kindern gekocht, am Wochenende verbringen die Eltern hier aber auch gerne ­einen Pärchenabend mit Candle-Light-Dinner», so Innenarchitekt Christof Hindermann. «Eine optimal auf die Bedürfnisse unserer Familie geplante Küche war uns sehr wichtig», ergänzt der Bauherr.

Christof Hindermann entwarf einen zentralen Küchenblock aus Quarzit mit einer drehbaren Eichenholzabdeckung in Tropfenform, die sich den verschiedenen Nutzungsszenarien anpasst – und mit Barhockern (Rex-Kralj Barchair 1960, Design: Bart Schilder) bestückt ist, die für die kleineren Kinder mit zusätzlichen Sprossen und verkürzter Sitzfläche versehen wurden.

 

 

Ein Küchenblock

Der Küchenblock mit einer drehbaren Eichenholzabdeckung passt sich verschiedenen Nutzungen an.

In der himmelblauen Schrankwand dahinter inte­grierten die Innenarchitekten eine Tequila-Bar, die gleichzeitig das Depot für die Vorhänge – bedruckt mit farbenfrohen mexikanischen Motiven des «Día de los muertos» – der grosszügigen Fensterfront verbirgt.

Den offenen Wohn- und Essbereich an der Küche schirmt eine Reliefwand aus Schweizer Eiche ab, die je nach Blickwinkel Seiten mit mexikanischem Palisander oder Ziricote offenbart. Davor steht ein in den Boden eingelassener Esstisch aus Räuchereiche mit Messingeinsatz, gekrönt von einem Ensemble passend dazu entworfener Pendelleuchten – allesamt Sonderanfertigungen nach Entwürfen der Innenarchitekten, versteht sich (Stühle: Artifort).

Ein Wandschrank

Hinter der schlichten Schrankfront verbergen sich eine Tequila-Bar und das Vorhangdepot.

Ein Treppenhaus

Ein Highlight ist die Tages- und Kunstlichtinstallation im Treppenhaus, gerahmt von einer Spiegeldecke und zwei hineinlaufenden Lichtbändern.

Fliessende Übergänge

Der helle Natursteinboden setzt sich von der Wohnebene nahtlos in den Aussenbereich fort. Hier ist der Infinity-Pool durch ein Holzdeck gerahmt, das sich einseitig in Wellenform zu einer Pergola aufbaut. Am anderen Poolende schafft ein drehbarer Tisch stets die perfekte Ausrichtung zur Sonne – die Innenarchitekten gaben ihm den passenden Namen «tourne_sol».

Hier wie auch im Eingangsbereich vor dem Haus wurden Wandflächen mit kräftigen Primärfarben verputzt – als Hommage an die emotionale Architektur des grossen mexikanischen Baumeisters Luis Barragán. Auch das Oberlicht mit Akzent in Hot Magenta, das beim Betreten des Erdgeschosses den Blick gefangen nimmt, ist eine Referenz an Barragán.

Darunter taucht eine ausgeklügelte Tages- und Kunstlichtinstallation, gerahmt von einer Spiegeldecke und zwei hineinlaufenden Lichtbändern, das Treppenhaus in unterschiedliche Stimmungen – und ist das wortwörtliche Highlight der Innenarchitektur.

Ein Pool mit Pergola

Das Sonnendeck am Pool wölbt sich zur windabweisenden und schattenspendenden Pergola.

Eine Sporthalle

Die vier Söhne der Bauherrschaft sowie deren Freunde lieben die multifunktionale Sporthalle im Untergeschoss.

«Das Haus erlaubt Raum für die Schwingungen des Familienalltags mit vier Kindern.»

«Im Rohbau vorgegeben waren die Treppe mit Holzstufen und Glasbrüstung sowie ein Dachfenster», erklärt Christof Hindermann. «Das bereits geplante Dachfenster liessen wir neu mit einer filigranen Leibung verkleiden, um so randlos den Blick auf den Himmel freizugeben.

Unterschiedliche Sonnenstände und die jeweilige Abstrahlung der farbigen Leibung erzeugen so je nach Tageszeit unterschiedliche Farbstimmungen im Treppenhaus.» Der Effekt ist tatsächlich frappierend: Die farbige Leibung scheint im Nichts zu schweben und zugleich den Himmel zu umrahmen.

Ausgefallen und edel, aber nicht abgehoben

Diese Illusion wird durch die Spiegeldecke erzeugt, welche die Treppenhauswände nach oben hin verlängert und zugleich die Kunstlichtinstallation, die das Oberlicht umfasst, verdoppelt. Die beiden Lichtbänder aus vierkantigen Metallprofilen, durch die Firma 3 dimensional ag gefertigt, werden ebenfalls durch die Spiegeldecke verdoppelt und bilden so zwei geschlossene, im Raum schwebende Formen. Diese nach innen leuchtenden Formen fassen einerseits das Oberlicht und erzeugen andererseits das Licht für den Treppenraum.

Dieser kann mit der entsprechenden Lichtsteuerung in unterschiedlichste Farbstimmungen getaucht werden. Ein Raumerlebnis der besonderen Art – jenseits von hergebrachten Einrichtungsideen. Ausgefallen und edel, doch niemals abgehoben, erlaubt das ganze Haus dank der hochkarätigen Eingriffe der Innenarchitekten Raum für die Schwingungen des Familienalltags mit vier Kindern.

www.hindermann.ch

Ein Magazincover

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