Klosters liegt auf knapp 1200 Metern über Meer, herrlich eingebettet in die Prättigauer Alpen. Das Dorf, welches unweit vom Landwassertal und von Davos liegt, vereint einen vielschichtigen Cocktail aus Tradition, Authentizität und natürlicher Schönheit. Diese Qualitäten übten in den 1950er-Jahren auf Berühmtheiten wie Paul Newman, Yul Brynner, Greta Garbo und bis heute auch auf das englische Königshaus eine unwiderstehliche Anziehungskraft aus.
In dieser einzigartigen Bergwelt haben Think Architecture aus Zürich die Bauaufgabe erhalten, ein Haus aus den 1960er-Jahren, welches klassisch auf drei Ebenen je eine Wohnung beherbergte, in ein modernes Refugium für eine sechsköpfige Familie und ihre Gäste umzubauen. Nach einer intensiven Analyse des Ortes und des Hauses selber war für Ralph Brogle und Marco Zbinden von Think Architecture klar, dass das in die Jahre gekommene Gebäude eine gezielte, insgesamt doch umfassende Verwandlung nötig hatte. Auf dem massiven Einsteinmauerwerk liess sich aufbauen, auch das alte Treppenhaus, welches die vier Ebenen vom Keller über die Wohngeschosse bis unters Dach miteinander verbindet, war erhaltenswert und versprühte einen gewissen Charme. «Unser Umbau beschränkte sich auf punktuelle Eingriffe in die Struktur des Hauses, die dem Objekt jedoch einen neuen, zeitgenössischen Ausdruck verleihen», beschreiben die beiden Architekten.
Das Gebäude wurde von der hölzernen, umlaufenden Terrasse und den Nebengebäuden wie der Garage befreit. Neu wird das Volumen halbseitig von einer skulpturalen Steinfigur umspannt. Dieses prägnante, aus gestocktem Beton bestehende Bauteil bildet einerseits eine grosszügige Terrasse und andererseits auch eine Brücke, die die Quartierstrasse mit dem Haus verbindet und die eine Etage tiefer auch die Garage beinhaltet. So entsteht ein prägnanter Zugang, der die Gäste direkt ins neue Wohngeschoss führt. Die Fassade wurde zusätzlich gedämmt und mit einer hinterlüfteten dunklen Fichtenholzschalung verkleidet, analog den traditionellen Scheunen im Tal. Weiter ersetzt eine neue Dachkonstruktion die alte. Als grosszügige Geste ragt das Dach heute weit über die Südfassade hinaus und schützt die vorgelagerte Terrasse. Es scheint fast so, als wachse das mächtige Chalet aus dem Stein heraus – so schaffen es Think Architecture, dem Gebäude, eine klare, neue architektonische Identität zu verleihen.
Das Innenleben haben die Architekten neu organisiert: Die erste Etage bildet heute das Wohngeschoss inklusive Küche und Essbereich, von wo man entweder eine Ebene tiefer in das Reich der Kinder mit vier Schlafzimmern und einem archaisch-luxuriösen Spa hinuntersteigt oder hinauf unters Dach gelangt, wo sich die Eltern eingenistet haben.
Think Architecture haben die drei Wohnebenen nicht nur neu organisiert, sie haben im Innern auch verschiedene überraschende Erlebniswelten geschaffen. Tritt man durch die schwarze Fichtenholzfassade über die Schwelle des Hauses, werden Gäste im Entree und im Treppenhaus von einem Geborgenheit ausstrahlenden, warmen Ambiente empfangen. Die dunklen Wände aus Kalkputz und der prächtige Terrazzoboden aus grossen, verschiedenfarbigen Flusssteinen unterstreichen diese erhabene Schlichtheit. Von dieser Zone mit gefasster Raumhöhe werden die Gäste vom edlen Terrazzo wie magisch ins Licht geführt. Der grosse Wohn- und Essbereich wie auch die Küche überzeugen durch natürliche, wertige Materialien. Holzschatullen vollstängig ausgekleidet mit Eiche wechseln sich ab mit Kalkputz überzogenen Räumen und Terrazzoböden. Diese Bereiche überraschen als erlebnisreiche Raumgefüge. Die Architekten haben mit zwei vertikalen Durchbrüchen ein einzigartiges Raumkontinuum geschaffen, welches das Wohngeschoss mit dem Schlafbereich der Eltern verbindet und in welchem zusätzlich natürliches Licht von den Dachfenstern in den gemütlichen Wohnraum sowie in die Küche scheint. Ein besonderes Augenmerk legten Think Architecture zudem auf die Zonierung der einzelnen Bereiche sowie auf die Raumübergänge. «An gewissen Orten als klarer Bruch inszeniert, andernorts ineinandergreifend, schiebt sich eine Materialwelt in die andere», so das Architektenduo.
Unter dem Dach haben Think Architecture ein weiteres, überraschend anderes, beinahe sakral anmutendes Ambiente geschaffen. Von der zentralen Zone, die als edle Ankleide mit Waschplatz ausgebildet ist, gelangt man fliessend entweder in Dusche, Toi-lette – den einzigen Raum mit einer Tür – oder in den Schlaf- und Arbeitsbereich der Eltern. Auch hier zeigt sich die fruchtbare Zusammenarbeit der Architekten mit Claudia Silberschmidt und ihrem Team von Atelier Zürich, das für die Möblierung und die textile Innenraumgestaltung verantwortlich zeichnete. Der Austausch zwischen Bauherrschaft, Think Architecture, Atelier Zürich und den Handwerksbetrieben gestaltete sich nahe an der Perfektion. Entstanden ist eine moderne Interpretation eines Schweizer Berghauses – klare Linien, aber gemütlich, nicht zu viel und nicht zu wenig.