Die Azoren gehören zu den Traumorten, von denen man bereits gehört hat, aber möglicherweise nicht weiss, wo sie zu verorten sind. Tatsächlich befindet sich die winzige portugiesische Inselgruppe mitten im Atlantik. Wenn man von Lissabon ins Meer Richtung Amerika sticht, geht es tagelang einfach geradeaus. Mit dem Flugzeug ab Portugal sind es rund vier Stunden, zum Beispiel nach Pico, die zweitgrösste und vielleicht schönste Insel.
Ausgerechnet auf eine Ruine fiel Elsa Machados Wahl. Das zerfallene Bauernhaus aus Lavastein steht direkt an der Steilküste und bei gutem Wetter schaut man hinüber zu den Nachbarinseln. Ein wundervoller Ort, umgeben von satten Wiesen, Gummibäumen, Farnen und Blumen wie Calas oder Hortensien. Hier wollte sie sich verwurzeln. Also beauftragte sie das junge Architekturbüro Sami, mit Sitz in Setúbal nahe Lissabon, mit der Bitte, «aus dem schönen Steinhaufen etwas zu machen».
Die zwei jungen Planer*innen haben sich in Portugal und speziell auf den Azoren bereits einen Namen gemacht, weil ihre modernen, mehrfach prämierten Entwürfe immer im unmittelbaren Kontext zur Umgebung stehen. Das kommt bei den stillen und stolzen Insulaner*innen gut an. In diesem Fall entschied sich das Architektenpaar, zwei Betonkuben in die Ruinen des 200 Jahre alten Hauses zu setzen. Dabei vereinten sie Neu und Alt auf das Raffinierteste.
Die alten Steine verhüllen den rohen Beton zur Meerseite beinahe vollständig und bieten einen zusätzlichen Schutz gegen die rauen, feuchten Atlantikwinde. Der Neubau hockt geradezu in der Ruine und passt sich ihr an. Das Volumen, also auch die Wohnfläche, ist dadurch bereits vorgegeben. Fensterausschnitte der Ruine wiederholen sich in den Betonkuben, sodass man geradezu durch Schichten schaut. An manchen Stellen vereinen sich Beton und Lavastein, an anderen Stellen ist Luft zwischen den Materialien, zwischen Gegenwart und Vergangenheit. Und es entstehen intime Orte, kleine Austritte und Terrassen. In diesen Biotopen wächst, was auf den feucht-schattigen wie auch felsigen Zwischenräumen gedeihen kann, etwa Farne und Moose.
Zur Landseite offenbart sich vor der allgegenwärtigen Silhouette des Vulkans eine andere Sicht. Dort, wo die Ruine fast völlig eingestürzt ist, tut sich das Neue hervor, ahmt die Form des Vorgängers mit anderen Mitteln nach. Daraus erwächst Spannung. Automatisch fixiert man die Architekturen, beschäftigt sich mit dem Anfang des einen und dem Ende des anderen Baus. Eine erhaltene Zisterne sowie ein altes Backofenhäuschen schliessen das Ensemble ab.