Wann immer möglich, sperren Bettina und Lars Herfeldt die Türen ihrer Wilmersdorfer Altbauwohnung in Berlin zu, und fahren aufs Land an den Scharmützel See in Brandenburg. Mit dem Zug dauert es knapp eine Stunde, mit dem Auto meist etwas länger. Schon der Dichter Theodor Fontane schwärmte vom «Märkischen Meer», der Teil der gut 33 Kilometer langen Bundeswasserstrasse Storkower Gewässer ist. Hier erholt sich das Paar vom Grossstadtleben und geniesst seinen Ruhestand in der kieferbewaldeten Landschaft. Beide zieht es ans Wasser. Sie wünschten sich schon lange ein Domizil in Seenähe, das Geborgenheit und Natürlichkeit ausstrahlt und Platz bietet für ihre über die Jahre gesammelten Design-Trouvaillen aus Skandinavien. Das 700 Quadratmeter grosse Grundstück, nur wenige Schritte vom Ufer entfernt, fanden sie über Bekannte. Für den Entwurf beauftragte das Paar die befreundete Berliner Architektin Antje Freiesleben. Ihr eingeschossiger Holzbau mit weit überstehendem Zeltdach aus matt schimmerndem Zinkblech und vielen raumhohen Fenstern nach Süden sorgt für perfekte Wohlfühlatmosphäre. «Viele feine Details, die sich erst auf den zweiten Blick zeigen, sorgen für eine Erhabenheit in der Bescheidenheit», sagt die Architektin.
Von aussen wirkt das schwellenlose Gebäude mit der silbrig lasierten Verschalung aus sibirischer Lärche und den stumpfwinkligen Aussenwänden zurückhaltend, innen offenbart es seine wahre Grösse. Gäste sind immer wieder überrascht, wenn sie im loftähnlichen Hauptraum mit fast 60 Quadratmetern und 5,10 Meter Höhe stehen, dem Herzstück des Hauses. Die beeindruckende Deckenkonstruktion aus Sperrholz stützt den First. «Mich erinnert sie an einen umgedrehten Bootsrumpf», erklärt Lars Herfeldt. Der gelernte Bau- und Möbelschreiner weiss, wovon er spricht. Er baute auch die Küche aus feinem Eichenholz, die fast die gesamte Raumbreite einnimmt. Man spürt seine Affinität für das Handwerkliche und das geschulte Auge für die perfekte Form. Auch seine Frau Bettina hat einen beeindruckenden ästhetischen Sachverstand. Der kommt ebenfalls nicht von ungefähr: Sie wuchs in einem kunstinteressierten Haushalt auf. Ihr Bruder war der Künstler und Maler Martin Kippenberger.
Ein Faible für das nordische Design teilen beide. «Als ich mit fünfzehn Jahren das erste Mal mit meinen Eltern nach Kopenhagen reiste, war es für mich wie eine Offenbarung», gesteht die Bauherrin. Der Vater ihres Mannes war Norweger, der in Deutschland lebte und arbeitete, aber die Urlaube mit seinen Kindern immer wieder dort verbrachte. Diese Erfahrungen mit der skandinavischen Architektur- und Einrichtungskultur prägten beide schon früh und liess das Paar nicht mehr los. So wundert es nicht, dass ihr Interieur eine Hommage an das nordische Design ist. Die mächtige Kupfer-Vintageleuchte von Poul Henningsen von 1930, die über dem Esstisch schwebt, kauften sie in einer Berliner Galerie. Bei den Stühlen entschieden sie sich für die legendären Wishbone-Chairs von Hans J. Wegner die von Carl Hansen & Søn produziert werden. Das seltene, schon 1945 von Børge Mogensen entworfene Sofa, das sich dank klappbarer Seitenlehnen einfach in eine Liege verwandeln lässt, fanden sie in Dänemark.