So wohnt Architektin Julia White in Berlin

Einzigartig

Sicht auf den Balkon mit Pflanzen

Die deckenhohen Fenster durchfluten den Raum mit natürlichem Licht und geben den Blick auf den Aussenbereich und die Nachbarschaft frei.

Julia White hatte schon immer eine Leidenschaft für Materialien und Farben sowie die Gestaltung von Räumen. Nach ihrem Architekturstudium in Deutschland erhielt sie ein Stipendium am renommierten Pratt Institute in Brooklyn, New York, wo sie ihren Master mit Auszeichnung absolvierte. «Meine Ausbildung in New York füllte eine Lücke, die ich seit langem zu schliessen wünschte», so Julia. «Ich vermisste den eher experimentellen und theoretischen Entwurfsansatz und die Art und Weise, wie ich über Raum und Material dachte. Die Zeit am Pratt war sehr aufregend und fühlte sich an, als stünde ich an der Spitze einer neuen Ära der Gestaltung. Das hat mich befreit.» Und es war am Pratt Institute, wo sie ihre grosse Liebe gefunden hat. Zusammen mit ihrem Mann, dem Produktdesigner Elliot White, blieb sie acht Jahre im Big Apple. «Wir wohnten in Brooklyn, in einem Studio in der 16. Etage eines historischen Gebäudes. Das Zimmer mit einer Küche war klein, doch der Blick über die Innenstadt von Manhattan mit all den Hochhäusern war phänomenal.» 

Julia arbeitete zunächst an kleinen, experimentellen Projekten, bevor sie grössere, luxuriöse Innenausstattungen von Stadthäusern und Penthouse-Wohnungen in der pulisierenden Metropole übernahm. Von der ersten Entwurfsskizze bis zum fertigen Gebäude war sie zuständig für sämtliche Bauphasen. 2013 packten sie und ihr Mann ­Elliot die Koffer und liessen sich in Berlin nieder, wo sie zunächst das Innenarchitekturbüro Wit & Woi gründete. Etwas später machte sie sich mit dem Studio Julia White selbstständig. Fünf Jahre später, mit der Vorfreude auf ein Baby, suchte das Paar ein neues Nest in der deutschen Hauptstadt. «Wir waren knapp zwölf Monate auf der Suche nach einem Haus. Der Markt befand sich bereits in Veränderung und Wohnungen wurden teurer. Elliot ist in diesen Dingen weitsichtig und schlug deshalb vor, lieber früher als später eine Immobilie zu kaufen», erzählt Julia. Doch es war für das kreative Paar enorm schwierig, etwas zu finden, das ihnen wirklich gefiel. Und immer schon wollten sie einen Teil des Gebäudes selber gestalten. Nach einer Zeit des Wartens entdeckten sie ein passendes Gebäude, das sich gerade im Bau befand. Die beiden verliebten sich Knall und Fall in eine Wohnung im vierten Geschoss, die von Tageslicht durchflutet ist und eine herrlich grosszügige Terrasse besitzt.

 

 

Die Hausherrin Julia studierte u. a. in New York Architektur, wo sie auch ihren Mann Elliot kennengelernt hat. (Barhocker: Objekte unserer Tage)

Durch die Verspiegelung scheint die Kochinsel im Raum zu verschwinden und das Gefühl der Offenheit wird zusätzlich verstärkt.

Die Küchenfronten sind bewusst grifflos gestaltet, um den Blick auf die Terrazzo-Abdeckung zu leiten.

Der Wohn- und Essbereich ist bewusst offen gestaltet und mit der Küche verbunden. (Tischbeine: Hay, Platte vom Schreiner, Stühle in Gelb: Kristalia, in Weiss: Ikea, Bank von Studio Elliot White)

Möbeldesign und Kunst von Freund*innen der Familie verschmelzen zu einer spielerischen Einheit. (Sofa: Bolia, Pouf: Jotex, Beistelltisch von Elliot White mit Terrazzo-Resten)

Julia hat mit stilsicherer Hand eine moderne, verspielte Wohnwelt geschaffen, die stets  den Menschen in den Mittelpunkt setzt.

In allen Räumen der Wohnung in der 4. Etage ist der Blick frei nach draussen. So holt Julia das Grün der Terrasse ins Innere.

Julia und Elliot haben den Grundriss bis ins kleinste Detail optimiert; entstanden ist ein fliessendes Raumgefüge.

Der ursprüngliche Plan der beiden sah vor, dass die zwei Schlafzimmer zur Terrasse offen sind. Bei dieser Grundrissanordnung war es aber nicht möglich, den Aussenraum vom Wohnzimmer her zu betreten. «Indem wir die Schlafzimmer in den rückwärtigen Teil der Wohnung verlegten, konnten wir den Zugang öffnen und den Gemeinschaftsraum geräumiger gestalten», beschreibt ­Julia. «Wir haben eines der Bäder ganz einfach gestrichen und durch unser Schlafzimmer ersetzt. Indem wir den Grundriss stetig optimierten und anpassten, konnten wir am Ende gar eine kleine Nasszelle einbauen. Wir haben die Elektropläne, das komplette Bad mit Fliesenmuster und die Lage der Armaturen, die Anordnung des Parkettbodens sowie die Änderungen aller Tür- und Fenstergriffe entwickelt und gezeichnet.» Was die Inneneinrichtung betrifft, liebt das kreative Paar Kontraste – wie das Fischgrätparkett aus Eiche gegenüber der Decke in rauer Betonoptik oder das Sofa aus olivfarbenem Samt und der Sessel mit einem Stoff in Rosa beweisen. «Wir wussten von Beginn weg, dass wir keine weisse Küche wollten. Die Verwendung von Spiegeln hat uns sehr gereizt. Vor allem bei der Kochinsel hat es eine erstaunliche Wirkung», sagt Julia. «Die Insel scheint zu verschwinden und so entsteht das Gefühl eines offenen, fliessenden Raumes.» Weiter verwendete Julia White für die Küchenabdeckung sowie Teile der Rückwand Terrazzo. Dies hat sie in einem 3-D-Modell getestet, um den perfekten Farbton sowie die richtige Anordnung zu finden. Ausserdem hat sich das Ehepaar White früh entschieden, auf Griffe zu verzichten und liess stattdessen vom Schreiner Schlitze in die hellblauen Fronten einarbeiten.

 

Julia White steht für einen ganzheitlichen Ansatz. Ihre Projekte sind anspruchsvoll, durchdacht und unerwartet.
Julia mit ihrem Sohn und ihrem Mann auf einem Sofa auf der Terrasse

Julia hat für ihren Mann Elliot und ihren Sohn einen modernen und gemütlich eingerichteten Rückzugsort geschaffen.

Gedeckter Tisch auf Terrasse mit Grill und Lichterkette und vielen Pflanzen

Die grosszügige, üppig begrünte Terrasse ist einer der Gründe, warum sich die Familie für diese Wohnung über den Dächern von Berlin entschieden hat.

Bett mit rosa Bettbezug und verschiedenfarbigen Kissen, weisser Vorhang

Auch das Schlafzimmer des kreativen Paars strahlt skandinavische Gemütlichkeit aus.

Zwei Lavabos mit je einem Spiegel über hölzernem Badekommode

Das Spiel mit Materialien und Farben hat Julia White auch im Badezimmer fortgesetzt und einen funktional warmen Raum geschaffen.

Julia beschreibt ihren Stil als eklektisch, modern, aber auch skurril und definitiv auf den Menschen bezogen. «Ich mag das Verspielte und arbeite gerne in Schichten. Elliot und ich lieben interessante Materialien, die man anfassen und näher betrachten möchte – Materialien, die uns auf lustige und unterhaltsame Weise überraschen», so die Architektin. Die Zimmer haben Julia und ihr Mann Schritt für Schritt eingerichtet. Einige Stücke wurden aus der alten Wohnung mitgebracht und andere wie der Wohnzimmertisch aus einem Rest Terrazzo massgefertigt. «Wir lieben es, mit der Idee zu spielen, wie ein Raum unsere Stimmungen beeinflussen kann. Die Wahl der passenden Kunstwerke war natürlich eine Herausforderung, welche die längste Zeit in Anspruch nahm», so Julia. Es gestaltete sich für das kreative Paar als schwierig, die richtige Kombination von Objekten zu finden, die nicht nur trendy sind, sondern auch einen Bezug zu Künstlern haben, die sie kennen und mit denen die Familie befreundet ist.

 

Die Architektin beschreibt ihren Stil als eklektisch, modern, aber auch skurril und definitiv auf den Menschen bezogen.

Da Elliot White, der in Berlin ein Studio für Möbel- und Produktedesign betreibt, praktisch veranlagt ist, hat er viele Möbel wie Beistelltische, Bänke und andere Objekte aus Holz selbst zusammengezimmert. «Für das Schlafzimmer unseres Sohnes habe ich einen Entwurf mit Tapeten und Einbaumöbeln entwickelt. Dort hat mein Mann sämtliche Schränke und offenen Regale auf Mass selbst gebaut», erinnert sich Julia. Im eigenen Zimmer hat sich das stoffverliebte Paar für einen offenen Kleiderschrank entschieden, der hinter hellen Leinenvorhängen verborgen ist. «Wir lieben das gemütliche, weiche Gefühl, die diese dem Raum verleihen.» Julia White lässt sich von Kunstinstallationen inspirieren, die sie regelmässig besucht, aber auch von den Cafés, die sie entdeckt und in denen sie immer wieder verweilt. In jedem Fall steht die Architektin mit ihrem Fachwissen und ihrer Lebenserfahrung für einen ganzheitlichen Ansatz. Ihre Projekte sind anspruchsvoll, durchdacht und unerwartet.

Titelbild des vierten Atriums

Diese und weitere spannende Wohngeschichten finden Sie in der vierten Ausgabe vom Atrium.