Ein wenig gewagt ist es schon, direkt an der hektischen Bahnhofstrasse, wo täglich tausende Passanten in Gedanken versunken vorbeieilen, ein Gesundheitszentrum zu eröffnen, das sich einem holistischen und achtsamen Lebensstil verschrieben hat. Aber es funktioniert. Eben noch eins mit der hektischen Masse, spürt man beim Betreten des Hauses förmlich, wie die Schritte langsamer, der Atem bewusster und der Kopf klarer werden.
«Wenn wir von einer ganzheitlichen Medizin sprechen, spielt die Umwelt eine zentrale Rolle», erklärt Bettina Kneip, ärztliche Leiterin von OYU, «unsere Hirnaktivität verändert sich je nach Ausrichtung im Raum». Deshalb war bei der Suche nach dem richtigen Objekt nicht nur die Grösse und der Standort von zentraler Bedeutung, sondern auch die Ausrichtung des Hauses und der Räume. Das sogenannte «Vastu» musste stimmen. Wie im Feng-Shui geht es bei der indischen Architekturlehre darum, dass die Räume nach den fünf Elementen und Himmelsrichtungen ausgerichtet werden und so eine natürliche Verbindung von aussen und innen kreieren, die einen positiven Einfluss auf das Wohlbefinden der Besucher*innen hat.
Konkret heisst das, dass der Fokus und die Grundausrichtung nach Norden zeigen, der Restaurantbereich befindet sich hingegen im Süden und die Therapieräume, der Yogaraum sowie die Küche sind wiederum gegen Osten ausgerichtet. Es sei wissenschaftlich bewiesen, dass Menschen, die eine geistige Aufgabe erledigen müssen und sich im Raum nach Osten oder Norden ausrichten, diese schneller und kompetenter ausführen.
Aber auch bei der Innenausrichtung wurde nichts dem Zufall überlassen. Für ein stimmungsvolles Gesamtbild wurde das Design Studio Enea Outside In engagiert. Dank fliessenden Übergängen und einer harmonischen Kombination aus haptischen Oberflächen und stimmungsvollen Lichtimpulsen, wurde eine atmosphärische Gesundheitsoase erschaffen, die Gesundheit, Prävention und Selfcare vereinen. Ein einmaliges Konzept, das das Wissen von moderner Schulmedizin mit den Jahrtausende alten Gesundheitslehren von TCM und Ayurveda verbindet.
Warme Holzelemente, weiche und helle Textilien sowie organisch geformte Möbel lassen die Besucher*innen den Alltagsstress hinter sich lassen und in eine Wohlfühloase eintauchen. Enea war es wichtig, dass das atmosphärische Innere einen harmonischen Kontrast zum Stadtleben bildet. «Natürlich höre ich ab und zu die Autos oder die Tram, aber ich fühle mich wie in einem Cocoon, der Lärm der Stadt tangiert mich nicht und so geht es auch den Patient*innen», bestätigt Bettina Kneip.
Die Wände wurden mit Lehm verputzt, was dem Raum ein warmes Ambiente verleiht, die Holzmöbel sind aus Eichenholz und der Boden ist aus einem Muschel-Kalkstein. «Ich bin überzeugt, dass Besucher*innen merken, ob sie auf einem Stuhl sitzen, der in einer Manufaktur von Hand geschliffen wurde oder nicht», so Alessandro Marchesi, Leiter Innenarchitektur Enea.
Es sind die kleinen aber gut durchdachten Details, die OYU zu einem einzigartigen Ort der Ruhe und Erholung machen. Wie etwa Bambuselemente im Restaurant, die einen Infinity-Effekt erzeugen und die Decke nach oben hin öffnen oder das Teeatelier, das eine handverlesene Auswahl an Teesorten mit heimischen Kräutern anbietet, die individuell auf die Bedürfnisse der Besucher*innen abgestimmt sind.
Eines der Highlights ist die grosszügige Terrasse gegen Süden hin, die im Sommer zu einem Outdoor-Yogastudio umfunktioniert werden kann. Zwei alte Bäume werden in den nächsten Jahren ein Dach über der Sonnen-Terrasse bilden und für ein natürliches Mikroklima sorgen. Ich lasse mir erklären, dass es dafür lediglich den richtigen Topf sowie eine passende Unterbepflanzung braucht, die wiederum mit heimischen Heilpflanzen ergänzt wurde.
Der Blick in die Küche ist gewollt offen, sodass auch Kochveranstaltungen stattfinden können, oder Besucher*innen bei der Zubereitung der Gerichte ungeniert zusehen können. Diese Philosophie widerspiegelt die Haltung des Hauses: offen, warmherzig und verbindend. Weiter besitzt OYU ein Studio, in dem diverse Yoga-Kurse sowie Qigong und Tai-Chi angeboten werden sowie verschiedene Therapieräume.
Auch hier hebt sich OYU von anderen Medizinzentren ab. Der Warteraum erinnert an einen Ruheraum im Spa. Gedämpftes Licht, warme Farben und ein Kunstwerk, das an einen aufgehenden Mond über dem Meereshorizont erinnert. Kein Vergleich zu dem sterilen, kühlen Wartezimmer in gängigen Arztpraxen. Im Gegenteil OYU ist ein Ort, wo man verweilen will – für ein paar Stunden oder länger.