Wie kommt eine Innenarchitektin auf die Idee, ein altes Tram als «Cinema» zu inszenieren? Wir trafen Cristina Celestino in der Bar Castello in Brera und fragten nach.
Cristina, was war die Inspiration für das «Cinema Corallo»?
Cristina Celestino: Ursprünglich komme ich aus einem kleinen Dorf in der Nähe von Venedig, lebe aber seit knapp zehn Jahren in Milano. Ich liebe diese Stadt, und die Trams sind ihre Ikonen. Ich wollte ein Interior-Projekt umsetzen, das Design auf eine neue Art erfahrbar macht und gleichzeitig meine Vorstellungen von Ästhetik transportiert. Auf die Idee kam ich nach dem letztjährigen Salone, ich habe dann Partner gesucht. Mit den Stoffen von Rubelli arbeite ich seit Jahren, und sie waren von Anfang an begeistert. Auch das Carpet Lab Besana Moquette und die Antica Fabbrica Passamanerie Massia Vittorio, von denen Teppiche, Bänder und Kordeln stammen, unterstützten das Projekt.
Was hat es mit dem Namen Corallo auf sich?
CC: Früher hatte jede italienische Stadt ein «Cinema Corallo», auch Milano. Mittlerweile sind die meisten davon geschlossen. Meine Referenz war aber kein spezifisches Kinointerieur, sondern Stimmung, Ästhetik, Materialien und Farben alter Vintage-Kinos.
Du arbeitest mit einer Vielfalt an Materialien. Was interessiert dich an dieser breiten Materialpalette?
CC: Ich liebe es, neue Materialien auszuprobieren, es ist eine Herausforderung. Ich arbeite auch gerne mit traditionellen Materialien, suche dabei immer einen zeitgenössischen Ansatz. Seit zwei Jahren bin ich bei der Terracotta-Manufaktur Fornace Brioni als Creative Director tätig. An der Design Week präsentieren wir das Projekt «Giardino delle Delizie», wo ich neue ästhetische Möglichkeiten untersucht habe.
Wie gehst du ein neues Projekt jeweils an?
CC: Mit einer tiefgehenden Recherche. Ich setzte mich mit Herkunft und Tradition auseinander, knüpfe neue Verbindungen. Das Resultat kombiniert Tradition mit einer Priese Ironie, das mutet oft etwas extravagant und surreal an. In manchen Arbeiten steckt eine Note subtilen Humors, etwa in der «Happy Room»-Kollektion, die ich für Fendi entworfen habe. Ich möchte überraschen, Design erzählerisch gestalten. Jedes Stück hat etwas zu sagen, nicht nur in ästhetischem Sinne.
Du gründetest das Label «Attico Design» vor acht Jahren. Was motiviert dich, wenn du freie Arbeiten entwickelst?
CC: Die Gelegenheit, experimentelle Arbeiten mit Interior Design zu verbinden, Auftragsprojekte und Forschungsaktivitäten in Kleinserienproduktionen umzuwandeln. Die Objekte bergen Bewunderung für die großen Meister des italienischen Designs des 20. Jahrhunderts mit sich, sind reich an Zitaten. Merkmal aller Projekte ist eine definierte Geometrie, kombiniert mit dem Spiel traditioneller Formen. Produziert wird bei italienischen Fachhandwerkern.
Welche Trends erkennst du zurzeit?
CC: Ich denke, das eigene Zuhause gewinnt an Wichtigkeit. Jeder möchte, dass seine Persönlichkeit im Interieur zum Ausdruck kommt. Dein Zuhause sagt viel über dich aus. Auch internationale Boutiquen verlangen Individualität. Die Zeit, als es ein durchgehendes Interior-Konzept für sämtliche Boutiquen gab, ist vorbei. Mittlerweile wird exklusiv auf den Standort abgestimmt. Persönlich bevorzuge ich keinen speziellen Brand. Alles hängt vom jeweiligen Stück und seinem Designer ab. Manche Produkte überraschen mich mit ihrer Schönheit, manche mit ihrer Hässlichkeit.
Was ist das eigentlich für ein Getränk, dass du da trinkst?
CC: Cedrata von Tassoni! Das Getränk stammt aus den 50er-Jahren, wird mittlerweile aber wieder häufiger getrunken. Ich mag den Zederngeschmack und die Vintage-Flasche – es ist mein absolutes Lieblingsgetränk!
Celestinos Designsprache ist geprägt von eleganter Verspieltheit, feinen Pastellfarben und einem ganz eigenen Umgang mit Materialität, Mustern und Formensprache.