Der in Bosnien und Herzegowina geborene und in Neuengland aufgewachsene Benjamin Kicic ist Möbel- und Produktdesigner. In seinem Studio in Brooklyn, New York entstehen Entwürfe, die die Handwerkskunst zelebrieren und gleichzeitig von der Schönheit ihrer Abnutzung leben.
Ben, du hast zehn Jahre in verschiedenen Designstudios gearbeitet. Was hat dich schliesslich dazu bewogen, dein eigenes Studio zu gründen?
BK: Ich glaube, der grösste Katalysator bei der Gründung eines unabhängigen Studios, über den nicht wirklich gesprochen wird, ist das Geld. Als ich 2013 mein Studium an der Rhode Island School of Design abschloss, wollte ich sofort mein eigenes Studio gründen. Aber ich zog nach New York City, mit Studiendarlehen im Nacken und nicht einmal genügend Geld, um eine Kaution für ein Zimmer zu hinterlegen. Also wurde dieser Wunsch zu einem Balanceakt – ich nahm neben meinem Hauptjob Nebenjobs an, um mir die Herstellung von Prototypen der Möbel leisten zu können, die ich wirklich entwerfen wollte. 2022 hatte ich schliesslich genügend viel Erfahrung gesammelt, dass ich, als ein grösseres Projekt anstand, endlich in der Lage war, es Vollzeit zu verfolgen. Von da an begannen die Dinge zu wachsen.
Was bedeutet gute Handwerkskunst für dich?
BK: Gute Handwerkskunst bedeutet nicht unbedingt, dass jede Fuge perfekt geschnitten ist, obwohl ein gewisses Mass an handwerklichem Geschick definitiv die Grundlage ist. Für mich bedeutet gute Handwerkskunst auch die sichtbare Präsenz des Schöpfers in seinem Werk. Es sind diese kleinen Unvollkommenheiten oder Spuren der Hand, die ein Stück lebendiger und authentischer wirken lassen.
Was ist dir bei deinen eigenen Entwürfen wichtig?
BK: Ich liebe es zu sehen, wie fein verarbeitete Objekte Teil des Alltags werden, sich mit der Zeit abnutzen, Risse bekommen und absplittern. Das ist wirklich die Essenz dessen, was ich kreiere. Ich lege grossen Wert auf kleine Details, sei es die Naht oder die perfekte Lederstärke. Aber all diese Details sind dazu da, dass man das Stück mühelos benutzen kann, fast ohne nachzudenken.
«Es sind diese Unvollkommenheiten oder Spuren der Hand, die ein Stück lebendiger und authentischer wirken lassen.»
Inwieweit beeinflusst dein kultureller Hintergrund deinen Designansatz?
BK: Er ist definitiv ein Faktor in meinem Designansatz, aber die Art und Weise, wie er mich beeinflusst, hat sich mit zunehmendem Alter verändert. Früher habe ich mich zum Beispiel sehr stark auf meine persönliche Geschichte konzentriert. Ich bin als Flüchtling aus Jugoslawien nach Amerika gekommen und das hat viele meiner Gedanken über die Nutzung von Objekten geprägt. Meine Eltern betrachteten Objekte ganz anders, als meine Altersgenossen und ich wollte diese Denkweise in meine eigene Arbeit einbringen. Heute erforsche ich aber auch die breitere Geschichte der Region, insbesondere die Handwerkstraditionen und die Objekte aus dem Balkan.
Falls es dir je daran mangelt - wo findest du neue Inspiration?
BK: Ich lasse mich sehr stark von Modedesign inspirieren – von den Farben, den dynamischen Formen und der Art und Weise, wie die Stücke präsentiert werden. Wenn ich mich nicht mit Möbel- und Innendesign beschäftigen würde, hätte ich wahrscheinlich Modedesign studiert. Eine weitere Inspirationsquelle sind für mich Inneneinrichtungen aus den 70er- und 80er-Jahren: die Verwendung von Materialien und Farben aus dieser Zeit hat etwas, das mir immer noch so frisch vorkommt.
Und woran arbeitest du derzeit?
BK: Im Moment arbeite ich an einem Innenarchitekturprojekt für eine 3-Zimmer-Wohnung an der Upper West Side in Manhattan. Zudem entwerfe ich gerade eine neue Möbelkollektion in Zusammenarbeit mit dem Schweizer Hersteller Veragouth e Xilema, die wir hoffentlich 2025 in Mailand vorstellen werden. Es gibt also eine Menge zu tun!