Es war eine ehemalige Birnenplantage, umsäumt von jahrhundertealten Eichenbäumen, einem Bachlauf und einem 360-Grad-Blick über das südafrikanische Kap-Weinland, die es der heutigen Besitzerin angetan hatte. Kein Wunder: Die Weinberge und Täler um Franschhoek gehören zu den wohl schönsten der Welt. Viele der hier gebauten Häuser sind Zeugen des kapholländischen Stils, einer repräsentativen Architektur, die mit der Ankunft niederländischer Siedler in der Mitte des 17. Jahrhunderts am Westkap Einzug hielt und sich durch achsensymmetrische Grundrisse, oft in T- oder H-Form, und rund ausgeformten Giebeln über dem Haupteingang auszeichnet.
Um die Tradition des Ortes zu würdigen und dennoch den eigenen Ansprüchen gerecht zu werden, wünschte sich die Besitzerin eine zeitgenössische Interpretation der traditionellen Franschhoek-Architektur. «Ich liebe es, Freunde zu Gast zu haben, gemeinsam zu kochen und tolle Musik zu hören, aber ich schätze auch die Ruhe und Stille dieses wunderschönen Ortes», so die Bauherrin. Ein Haus, geschaffen für Unterhaltung, Entspannung und Naturgenuss, sollte demnach her. Unterstützung fand sie beim in Cape Town ansässigen Architekten Martin Kruger und Landschaftsarchitekt Danie Steenkamp. Eingesäumt zwischen zwei grossen Eichen und mit Blick auf die umliegenden Berge und den Fluss fand sich schliesslich der ideale Bauplatz auf dem Gelände.
Man betritt das Anwesen durch die ersten einer Reihe von Bögen – eine Hommage an die Bogenelemente und Gewölbedecken der historischen Weingüter Groot Constantia und Boschendal. Im Innern empfängt einen ein voluminöser Raum, der das Wohn- und Esszimmer sowie die Küche beherbergt. Extrahohe Fenstertüren öffnen sich zu einem Innenhof und holen Licht ins Innere. Die Eingangstür, die Details an einigen Fenstern und die strukturierte Wand hinter der Bar wurden aus dem Holz der Birnbäume gefertigt, die für den Bau des Hauses entfernt werden mussten. Ein Grossteil des Obstgartens blieb jedoch erhalten und wurde in die neue Landschaftsgestaltung um das Haus integriert.
Die dicken Natursteinmauern – gebaut aus Steinen, die ebenfalls auf dem Grundstück gefunden wurden – halten die Hitze tagsüber draussen, während sie nachts die gesammelte Wärme abgeben, was für eine optimale Temperatur sorgt. Hohe Holzlamellen schieben sich über die gewölbten Eingänge, um Teile des Hauses abzutrennen und die Proportionen des Hauses kleiner und gemütlicher zu gestalten, was besonders in den kühlen Monaten von Vorteil ist, oder wenn das Haus ohne Gäste bewohnt wird und nur Teile davon benötigt werden.
Das kühle Innere ist dabei nicht nur im Winter gemütliches Herzstück des Hauses, sondern auch ein Rückzugsort, wenn es im Sommer zu heiss ist, um draussen zu sitzen. Ebenso ist der Schlafbereich den Jahreszeiten angepasst – mit einem Sommerschlafzimmer auf der West- und einem Winterschlafzimmer auf der Ostseite des Hauses, so positioniert, dass es in den kalten Monaten die wärmenden Strahlen der Morgensonne einfängt.
Auf der dem vorbeiziehenden Bach zugewandten Rückseite des Anwesens präsentiert sich das Haus mit einer modernen Fassade, die überwiegend aus Stahl und Glas besteht und den Blick auf die umliegenden Berge freigibt. Dennoch gibt es auch hier traditionelle kapholländische Merkmale, die in einer modernen Sprache neu gestaltet wurden, wie zum Beispiel der modernistisch anmutende Kamin und Schornstein sowie die Pergola. Ein Pool rundet den Aussenbereich ab und lädt in den heissen Sommermonaten zur Erfrischung ein. Dicke Stahlträger setzen die Dachlinien zwischen den Gebäudeteilen fort und bilden eine Art Laubengang, der mit der Zeit von Weinreben überwuchert wird, ganz so, als ob der Garten die Architektur verschlänge. Mit ebensolchen Elementen gelingt es Landschaftsarchitekt Danie Steenkamp, die Natur direkt an das Haus heranzubringen und dadurch die ansonsten modern und kühl wirkende Architektur aufzulockern.
Während der Haupthof dem Weingarten gewidmet ist, finden sich in den weiteren Höfen ein Gemüsegarten, ein Olivenhain und der sogenannte «Gin-Garten» mit Zitronen, Limetten, Grapefruits, Orangen und dem Rosmarin zum Mixen des Sundowners. Ganz nach dem Prinzip der Farm-to-Fork-Philosophie entstand eine Gartenanlage, die zum Entdecken, Ernten und Geniessen einlädt. «Ich denke, eines der schönsten Dinge ist es, in den Garten hinauszugehen und zu schauen: Was essen wir heute Abend?», so die Besitzerin, die ihr neues Zuhause in der südafrikanischen Provinz schlicht als ihr «Heiligtum» bezeichnet.